Freitag, 5. April 2013

Sri Lanka – Reisebericht

Dass sein Kollege Rüdiger eine Ferienwohnung in Sri Lanka vermietet, erzählte uns Thomas nebenbei bei unserem letzen Besuch in Siersburg. Ich hatte ohnehin vor, meinen Mann zu einem Ausflug nach Asien zu bewegen. Die Gelegenheit war günstig, Kinder aus dem Haus, drei Wochen Urlaub am Stück schon lange mal wieder fällig. Obwohl meine ursprünglichen Pläne eigentlich Vietnam vorgesehen hatten, konnten wir uns nach einem kurzen Blick ins Internet und der Vergewisserung, dass es ausreichend Weltkulturerbe gibt und die Distanz zu Deutschland ja auch nicht ganz so groß ist, einstimmig auf Sri Lanka einigen.
Rüdiger war schnell angemailt, der Termin auf Arbeit langfristig angekündigt, Flüge bereits im November gebucht, denn die wurden mit der Zeit nicht billiger.
Die Woche vor dem Abflug war gekennzeichnet von Philipps Schlüsselbeinbruch, den er sich am Montag Abend zugezogen hatte und dem Bangen, ob er denn bis Freitag aus dem Krankenhaus entlassen und am Samstag flugtauglich für seine eigene Reise zu Laura nach San Francisco sein würde. Das war zwar nicht ganz das, was ich mir 5 Tage vor Urlaubsantritt vorgestellt hatte, aber das Schicksal bzw. der Krankheitsverlauf waren uns am Ende wohlgesonnen, sodass wir das gute Kind am Samstag morgen gen Amerika auf den Weg schickten.
Bei unserem eigenen Abflug gab es bei der Abfertigung in Tegel eine kleine Aufruhr: Die Dame an der Gepäckdurchleuchtung war leicht irritiert, als sie Michas Handgepäck prüfte, schob es noch einmal durch den Scanner, schüttelte dann den Kopf und rief daraufhin laut „Feststellung“. „Feststellung“ bedeutet, dass ein verdächtiges Objekt gefunden wurde, der Experte das fragliche Gepäck sicherstellt und der gesamte Abfertigungsbetrieb für alle anderen Passagiere vorerst stillt steht. Beim Blick auf den Bildschirm wurde uns klar, was die Dame so verunsichert hatte: Micha hatte seinen Powerakku fürs Handy samt Kopfhörern und diverser anderer Kabel in seinem Rucksack verstaut. Auf dem Scanner sahen die Batterien ungelogen wie vier mit Zündern versehene Ladungen Sprengstoff aus. Im Separée wurde daraufhin der Rucksack umständlich beleuchtet, von einem mutigen Einsatzkommando geöffnet und der Powerakku als er selbst erkannt. Die Feststellung war erfolgreich beendet und der Flughafen Tegel wieder einmal einem Selbstmordanschlag entkommen.
Quatar Airlines bot guten Service, gutes Essen und für den, der es wissen wollte, immer die Richtung gen Mekka auf dem Bildschirm.

In Doha (Quatar), unserem Umsteigeflughafen, der dem Weltraumbahnhof aus „Starwars“ erstaunlich ähnelte, war die Welt um uns herum plötzlich wie verwandelt: Dort sammelten sich buddhistische Reisende, in bunte Kleider und rote Kopftücher gehüllt, muslimische Männer (wir tippten auf Indonesier) besuchten, mit Bademänteln bekleidet, die Flughafenmoschee, um ihr Gebet zu verrichten, Söhne der Wüste in strahlend weiße Kaftane gehüllt, mit ihren traditionellen Kopfbedeckungen strebten zum Gate Richtung Dubai. Von der Galerie aus konnten wir den Duty Free Shop überblicken, in dem ein babylonisches Menschengewusel herrschte. Zwischen all der bunten und fremden Pracht irrten farblose, blasse Gestalten in kurzen Hosen und Khaki-T-Shirts umher: Mitteleuropäer.
Ein junges Pärchen im Duty Free hatte es mir besonders angetan: Ein blutjunges Traumpaar in schwarz-weiß; er vermutlich von Beruf Scheichsohn im besagten blütenweißen Kaftan, sie von schwarzer, spitzenbesetzter Baumwolle umhangen, stolze, eindrucksvolle Gesichter, scheinbar einem arabischen Märchen entnommen. Die beiden scharwänzelten durch die Boutique- und Parfümregale und ich bin mir sicher, dass sie ihm wenigsten ein Yves Saint Laurent im Wert von XXL-Dollar aus dem Kreuz geleiert hat.
Selbst fahler Mitteleuropäer, kam ich mir in all diesem fremdländischen Durcheinander seltsam farblos und vertrocknet vor.
Noch auf dem Flughafen in Doha erreichte uns Lauras Facebook-Nachricht, dass laut Internetangabe Philipp´s Flug nach Philadelphia ab Brüssel gecancelt wurde. Das beruhigte uns nun nicht gerade, aber wir beschlossen abzuwarten. Etwas anderes blieb uns ohnehin nicht übrig. Nun ging es erst mal weiter nach Negombo - Bandaranayke, dem internationalen Flughafen von Sri Lanka.

10.3. Moragalla Beach
Pünktlich 8 Uhr stand Premaka, unser singhalesischer Gastgeber, in einer langen Reihe untersetzter, schwarz-braun-bronzefarbener Männer; in der Hand ein Schild mit dem Namen der Zielperson auf dem Flughafen Bandaranayke bereit. Er sprach gut Deutsch und war mit einem Transporter gekommen, um uns abzuholen. Rüdigers Ferienwohnung befindet sich „auf“ Premakas Haus und hier wollten wir unsere erste Urlaubswoche verbringen.
Als wir aus dem Flughafengebäude traten, empfing uns eine feuchte Schwüle, aber nicht unangenehm, denn der Morgen war noch jung. Auf unserem Weg, der sich für ca. 80 km Richtung Süden mehr als 3 Stunden hinzog, und uns schon mal einen kleinen Eindruck vom Sri Lankischen Straßenverkehr vermittelte, hielten wir unterwegs überraschend an einem Straßenstand und Premaka reichte uns zur Begrüßung eine King Coconut, mit den Worten „Grüße von Rüdiger“. Den orangefarbenen King Coconuts wurde mit einem kleinen Hackmesser, ähnlich wie bei einem Frühstücksei, die Schale im oberen Viertel abgehackt. In die Öffnung wurde ein Strohhalm gesteckt und man konnte den süß-säuerlichen Saft der Kokosnuss trinken.
King Kokonut...

... und wie sie getrunken wird

In Moragalla angekommen, machten wir Bekanntschaft mit Premakas Frau Gheetani. Beim Anblick all der dunkelhäutigen, gesund aussehenden, schönen Menschen mit glänzendem Haar und glatter Haut um uns herum wurden meine Komplexe nicht weniger und ich kam mir alt, grau, faltig und ausgedörrt vor wie eine kettenrauchende, englische „White Lady“. Wieder einmal habe ich mich gefragt, wer denn wohl der Bedauernswerte ist: Die Menschen der so genannten 3. Welt oder wir, die wir uns unseren Wohlstand mit schlechtem Schlaf, ungesunden Essgewohnheiten, krummem Rücken und Burn-Out-Syndrom erkaufen.

Die Silvas wohnen 2 Gehminuten vom tropischen Strand entfernt, der gut und gerne einem Werbeprospekt für die Karibik hätten entnommen sein können, in einem dörflichen Viertel voller Einfamilienhäuser, durch das sich schmale, asphaltierte, kurvenreiche Gassen zogen.
Sie bewohnten ein typisches, sri lankisches Haus, welches ein-, maximal zweistöckig ist. Es hatte bodentiefe Fenster mit geschnitzten Holzverzierungen. Von der Einganstür gelangte man direkt in das Wohn- und Esszimmer, dessen Wände in Pink, Kashmirrot und Grün gehalten waren. Der Raum war sparsam aber zweckmässig mit Holzmöbeln eingerichtet. In den hinteren Räumen verteilten sich Küche, Bad und Schlafzimmer.
Die Häuser waren unter Palmen und exotischen Bäumen, an denen gerade Bananen und Papaya reiften, kaum zu sehen und genau so war es mit den Strandhotels, die sich zurückhaltend zweistöckig unter den tropischen Gewächsen versteckten. Von Betonklötzern und Bausünden à la Malaga keine Spur.

Wir duschten, richteten uns ein und fuhren mit Premaka im Tuk-Tuk, der tollsten Erfindung seit der Entwicklung des Otto-Motors, nach Aluthgama um Geld zu tauschen und eine sri lankische SIM-Karte für das Handy zu kaufen. Tuk- Tuk’s sind kleine, überdachte, dreirädrige Gefährte, welche 90% des sri lankischen Straßenverkehrs ausmachen und einen für ein paar Rupien an jeden Ort des Landes bringen, wenn es sein muss. Den Rückweg traten wir per Pedes an, um uns so mit dem Ort und der Atmosphäre und den Einheimischen vertraut zu machen. Bei dieser Gelegenheit ärgerte ich mich wieder darüber, wie sehr wir, oder zumindest ich, in unserem geglätteten, sicherheitsfanatischen und normenanbetenden Deutschland verlernt haben, intuitiv auf uns selbst aufzupassen. Nicht, dass etwas passiert wäre; aber ich hatte alle Augen, Hände und Füße damit zu tun, den anscheinend lauernden Gefahren wie Autoverkehr, fehlenden Gehwegplatten, Kühen, Hunden und (vermeintlichen) Taschendieben auszuweichen. Es hat mindestens eine Woche gedauert, bis ich nicht mehr ständig nervös nach meiner Geldtasche gegriffen und mich gelassen über eine Straße bewegt habe.

Meine Befürchtungen hinsichtlich des Klimawechsels, die sich immer irgendwie am Kiewer Super-Sommer 2011 maßen, waren glücklicherweise unnötig gewesen. Es war zwar feucht und heiß, jedoch wehte in Moragalla Beach vom Meer her immer ein Lüftchen, das Kühlung brachte, sodass uns die Umstellung nicht schwer fiel. Selbst nachts genügte uns der Deckenventilator und die Klimaanlage blieb aus.

Premaka bereitete für uns Abendessen und erklärte uns, dass Sri Lanker mit der Hand essen, denn davon würde man schneller satt. Sie verdrücken Unmengen an Reis, den sie mit der rechten Hand mit den anderen Essenszutaten vermischen und sich dann klümpchenweise in den Mund stecken. Diese Art und Weise der Nahrungsaufnahme musste ich erst eine Weile üben, bevor meine Hände nicht mehr aussahen wie die eines zweijährigen Babys beim Breiessen.
Das Haus der Silvas

Das kleine Städtchen Aluthgama

Fischerboote am Strand von Moragalla

Strand von Moragalla...

... und nochmal

 11.3.
Des Nachts wurde ich ein wenig unruhig, weil wir von Philipp immer noch nichts wussten, außer dass er tatsächlich nicht in San Francisco zur erwarteten Zeit angekommen war. Gerade malte ich mir aus, wie mein armes Kind mit seinem gebrochenen Schlüsselbein hilflos durch Brüssel irrt, verzweifelt wieder nach Berlin geflogen ist, evtl. doch bis Philadelphia, dort aber nicht durch die erneute Einreisekontrolle gekommen ist, weil den Amis sein Gesicht oder sein Gepäck nicht passte und was einem als Mutter des Nachts sonst noch so einfällt, da leuchtete mein Handy auf. Steffi hatte wohl intuitiv eine sms abgesetzt, dass das gute Kind in Philadelphia sei und in gut 6 Stunden in S.F. ankommen würde. Später haben wir erfahren, dass alle Passagiere in Brüssel im Flughafenhotel aufbewahrt wurden, er von dort einen Flug zurück nach Frankfurt und ab da nonstop nach San Francisco erwischen konnte, aber das ist nun wieder eine andere Geschichte.

Jetzt stand der Nachtruhe nichts mehr im Weg, von Jetlag konnte bei knapp 5 Stunden Zeitverschiebung keine Rede sein und so erwachte ich des Morgens erholt in unserem lichtdurchfluteten Appartement mit den bodentiefen Fenstern, durch die ich die Palmen im Garten erkennen konnte und die die fremden Vogelstimmen und exotischen Geräusche hindurch ließen.
Das Frühstück im Hause Silva bestand aus Roti (so eine Art Eierkuchen auf Reismehlbasis) mit Kokosfüllung, Spiegeleiern und Ceylon-Tee. An die Kaffeelosigkeit musste ich mich anfänglich gewöhnen, was mir aber von Tag zu Tag leichter fiel.
Zu meiner Erleichterung konnte Gheetani zumindest für mein Kleidungsproblem am nächsten Tag Abhilfe schaffen. In ihrem Kleidershop, der sich gleich hinter dem Strand befand und den sie täglich von 10.00 bis 18.30 betreibt, nahmen wir outfitmäßig optische Anpassung für mich vor: Mit dem Elefantenmuster-Rock mit Oberteil, dem knielangen Kleid und dem geschenkten indischen Schal im Sari-Style passte ich jetzt einfach besser ins Bild und begann langsam, meine Komplexe abzulegen. Für Micha sprangen eine knielange und eine helle lange Hose, mit der er sich mühelos in jedem Kolonialstilhotel hätte blicken lassen können und ein kurzärmeliges Hemd heraus. Natürlich alles Maß genommen und auf den Leib geschneidert.

Wie ich später feststellte, hätte ich ¾ meiner ohnehin schon gering bemessenen Garderobe in Deutschland lassen können, den mitgeschleppten Schlafsack inbegriffen. Jedesmal beim Zusammenpacken ärgerte ich mich, dass ich nicht auf erfahrene Asienreisende gehört und diesen unnötigen Ballast mitgenommen hatte. Man zieht seine Kleidung ohnehin alle paar Tage durch´s Wasser, also reichen 3 Kleider, ein paar Tops, eine langärmelige Bluse und die Wanderausrüstung. Und das ist noch zu viel…
 
Geethani in ihrem Laden

Maß genommen...

... und frisch eingekleidet

Schickes Kleid ist auch dabei

Abendessen bei den Silvas



Also den Sari-Schal umgeworfen und ab nach Beruwala gelaufen, zur ältesten Moschee der Insel.
„Dies ist das Viertel der Mohammedaner“ verkündete Muhammad, obwohl es diesen Begriff eigentlich gar nicht gibt, wie uns einmal meine Arabischlehrerin belehrte. Wahrscheinlich hatte er das Wort bei einem deutschen Touristen aufgeschnappt, der das auch nicht wusste.
Aber eigentlich hätte Muhammad diese Tatsache gar nicht betonen brauchen, spätesten als er beschlossen hatte uns, wie hier allzu oft üblich, ungefragt zu begleiten, wussten wir, wo wir waren. Ein unbestellter Guide ist einerseits nervig, andererseits aber auch informativ, er zeigte uns die zum Trocknen ausgelegten Manta-Fische und Makrelen und wie Hühnerfische präpariert werden. Auf dem Erdboden unter einem Schutzdach saßen zwei Jungs und zogen mit einem reißenden Geräusch die Haut der Fische ab. Danach warfen sie die gehäuteten Fische in eine Ecke, wo schon die anderen und Tausende von Fliegen warteten. Der „gerupfte“ Fisch sah fest und hell aus, tatsächlichähnlich einem Hühnchen. Trotzdem: ich war mir nicht sicher, ob ich Hühnerfisch einmal probieren sollte.
Er führte uns weiter zur Moschee, von wo aus wir einen schönen Blick auf den Hafen hatten und erzählte uns, dass, als sich der Tsunami ankündigte, innerhalb einer Stunde das Wasser zurückging und sämtliche Schiffe aus dem Hafen mitgerissen hatte, bevor die Flutwelle kam. 

Das häuten der Hühnchenfische

Zum Trocknen ausgelegter, gesalzener Fisch

Die Mole von Beruwala, mit ausgelegtem Trockenfisch

Die Moschee von Beruwala. Die Älteste von Sri Lanka

Moslimische Mädchen mit Ihren "Schuluniformen"

 
Der Hafen von Beruwala

Die Muslime, so schien es mir, übernehmen in Sri Lanka die Rolle, die in anderen Ländern den Juden inne ist. Sie leben in relativ in sich geschlossenen Vierteln, mischen sich kaum mit den anderen Ethnien (selten gibt es Ehen mit Tamilen, aber fast nie mit Singhalesen) und betreiben Geldwechselläden und Juweliergeschäfte.
Wir beantworteten Muhammads Fragen nach Ehestand und Kindern, bevor wir ihm höflich aber bestimmt verklickerten, dass wir unseren Weg jetzt allein fortsetzen wöllten, was er nach einigem Gejammere dann doch akzeptierte.
Wir wollten ja schließlich noch den Brief Garden sehen, der sich in ca. 10 km Entfernung befand. Also ein Tuk-Tuk gechartert, dass uns vorbei an unmittelbar aneinandergereihten buddhistischen, katholischen und muslimischen Vierteln geradewegs dorthin brachte.
Der Brief Garden war eine ehemalige Kautschukplantage, die ein homophiler Künstler mit holländisch-singhalesisch-muslimischen Wurzeln in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts zu einem botanischen Garten umfunktioniert hatte. Mittelpunkt der Anlage war ein formvollendetes Haus, luftig, offen, mit großen Türen, schattigen Plätzen und „guten Energien“. Das Haus war bestückt mit wertvollen Möbeln und Kunstwerken aus der ganzen Welt, u.a. eine Kokosnuss mit eindeutig geformter Oberfläche, von der wir uns beide insgeheim gefragt hatten, ob und wie er sie wohl benutzt hatte.
Was in Europa die Japaner als Touristen, sind in Sri Lanka die Chinesen und Taiwanesen. Als die lärmende Horde den Ort der Stille verlassen hatte, rollte unser freundlicher Guide mit den Augen und lud uns zu einem Tee ein. Engländer, Deutsche, Franzosen, Belgier seien sehr angenehme Besucher und würden durch Zurückhaltung auffallen, meinte er. Leider konnten wir die Einladung nicht annehmen, weil wir unseren Taxi-Driver bereits bestellt hatten. Schade – das wäre doch ein stilvoller Abschluss gewesen.

Auf dem Rückweg nahmen wir den Montagsmarkt in Aluthgama mit, kauften Obst, was ich noch nie gesehen, der Reiseführer aber als essbar eingestuft hatte und ließen im „Dialog“-Geschäft das Internet auf dem Handy aktivieren.

Zum Abendessen fielen wir in die Strandbar ein, wo es neben Riesengarnelen nun endlich auch Arrack für mich gab, den einheimischen, aus Palmzuckersaft gebrannten, an Rum mit Kokosgeschmack erinnernden Hochprozentigen.

Haus von Bevis Bawa

in Brief Garden

in Brief Garden

Der liebe Lobster...

... vorher


... und nach Zuführung seines traurigem, aber...

... ach so leckerem Schicksals.

12.3.
Das Wecken übernahmen heute der Muezzin und das Bäckerauto, dessen typische Melodie uns durch den Urlaub begleiten und mir noch Wochen später nicht aus dem Kopf gehen sollte.
Die Wartezeit auf den Zug nach Galle vertrieb uns ein älterer Herr mit Fragen nach unserem Woher, Wohin, Ehestand, Kinder, Sightseeingtipps für Galle. Er bat uns, ihm aus Deutschland eine Postkarte zu schreiben und verschwand, um ein Schreibgerät zu besorgen. Um den Leerlauf auszufüllen, gesellte sich ein weiterer älterer Herr zu uns, er war angeblich Police Officer und war außerordentlich interessiert an unserem Woher, Wohin, Ehestand und Kindern…
Dass man als Europäer auf Schritt und Tritt für ein Schwätzchen herhalten muss, ist für den ersten Moment vielleicht etwas lästig, weil auch ungewohnt. Jedoch sind diese Gespräche auch eine gute Informationsquelle, in der man hilfreiche Tipps z.B. zur Aquirierung von „Meter-Taxis“ (von der Stadt betriebene Tuk-Tuks mit Taxameter), Infos über Bildungssystem (welches, wie ich auch dem Reiseführer entnommen habe, hinter Japan und Singapur das beste in ganz Asien mit 91 % Alphabetisierungsrate sein soll), Drogenpolitik, Todesstrafe, Religion, Land und Leute usw.. Vordergründige „Geschäftsinteressen“ stehen hinter solchen Gesprächen nicht immer, die Sri Lanker sind freundlich, neugierig und offen. Sie lassen Besucher „ein“ und teilhaben an ihrem Leben; jeder Tempel darf besucht und muss unbedingt fotografiert werden. Sie sind aufrichtig erfreut, wenn Touristen Interesse an ihrem Land und ihrer Kultur zeigen, denn das wäre ja der beste Weg, die Zukunft der Kinder zu sichern, wenn Urlauber in ihren Heimatländern Sri Lanka als Reiseland weiterempfehlen würden, der während des Bürgerkrieges geschwächte Tourismus wieder in Schwung käme und so die Konjunktur und der Wohlstand der nachfolgenden Generationen auf den Weg gebracht würden. Dieses Ansinnen ist, denke ich, ehrlich gemeint und uns in vielen Gesprächen wieder begegnet.

In Galle angelangt, übergab uns der Police Officer im Feierabend dem Public Driver, schüttelte uns die Hand und war sichtlich glücklich, die Zukunft seiner Enkel ein weiteres Stück gesichert zur haben.

Mit Maresch ging es, nachdem wir das Woher, Wohin, Ehestand, Kinder geklärt hatten, auf Sightseeing-Tour und womöglich ist er der erste und letzte Taxi-Fahrer auf dieser Welt, der für mich unterwegs Hibiskusblüten vom Baum zupft.
Die Singhalesen sind ein sehr, sehr selbstbewusstes Volk; die Frage ob er Buddhist sei, beantwortete Maresch mit einem „yes, sure!“, als gäbe es keine andere Möglichkeit.
Ich hatte den Eindruck, dass alle Minderheiten geduldet werden, die meisten unserer Gesprächspartner bestätigten, dass sie privat friedlich mit Tamilen (meist Hindus, manchmal auch Katholiken) und Moors (Muslime), den Nachkommen der Araber, zusammenleben. Aber bei aller Toleranz bleibt nie ein Zweifel daran, dass Singhalesen in der Überzahl seien, die klügere Religion hätten und sowieso die Herren auf der Insel wären.
Auch mit Premaka hatten wir dieses Thema, der kein Verständnis für die separatistischen Bestrebungen der Tamilen, privat jedoch keine Probleme mit ihnen hat. Er klagte, dass die Singhalesen nur noch 2 Kinder hätten, Muslime jedoch 10 und sich die Bevölkerungsstruktur damit zugunsten der Muslime verschieben würde. Irgendwann wären die Singhalesen wohl in der Minderzahl. Wo hatte ich diese Sätze nur schon einmal gehört?
Auf unsere Frage, woran man denn Singhalesen und Tamilen unterscheiden könne, erzählte er, dass Tamilen eine dunklere Hautfarbe hätten. Ich musste darüber ein wenig in mich hineinlächeln, denn einen dunkleren Menschen als Premaka jenseits eines Schwarzafrikaners konnte ich mir gar nicht vorstellen.
Singhalesen und Tamilen haben ethnisch und sprachlich keine Gemeinsamkeiten; während Singhala aus der indoarischen Sprachfamilie stammt und damit sogar mit unserer deutschen Sprache gemeinsame Wurzeln hat, ist Tamil eine dravidische Sprache, aus deren Reihen ich keine weiteren Sprachen kenne.
Tamilen gibt es übrigens zwei verschiedene Gruppen: Erstens diejenigen, die bereits von 2.500 Jahren aus Südindien nach S.L. gekommen sind und, soweit der Literatur zu glauben, bis vor ca. 300 Jahren schon mal einen eigenen Staat im Norden der Insel besaßen.
Zweitens gibt es die Hochland-Tamilen (Teepflücker), die im 19. Jahrhundert von den Briten zur Arbeit auf den Teeplantagen aus Tamil Nadu (Südindien) geholt und wg. ihrer guten Leistungen, ganz im Kolonialstil „teile und herrsche“ gegenüber den Singhalesen protegiert und bevorzugt wurden. Nach der Unabhängigkeit der Insel in den 40er Jahren wurde vielen von ihnen (obwohl bereits in Sri Lanka geboren), vom s.l Staat die Staatsbürgerschaft entzogen, sie wurden ausgewiesen und vom indischen Staat, der sich über 500.000 zusätzliche Staatsbürger sicher sehr gefreut hat, mehr schlecht als recht aufgenommen. Diese Tamilen sind es wohl, aus denen sich die berüchtigten "Tamil- Tigers" rekrutierten und die hauptsächlich für den Terror verantwortlich waren und auch heute gibt es noch Bestrebungen von südindischen Tamilen, den separaten Staat Eelam in Sri Lanka zu etablieren. Diese beiden unterschiedlichen Tamilengruppen ziehen jedoch auch nicht an einem Strang, denn die Teepflücker gehören der untersten Kaste an, mit denen die höherkastigen Tamilen der Nord- und Ostgebiete der Insel nicht viel gemein haben wollen.

Tamilisches Bergdorf in den "Knuckles Mountain"

Tamilische Teepflücker

Tamilisches Bergdorf



Eine tamilische Braut wird Ihrem Mann im Nachbardorf zugeführt.Die Mitgift trägt sie auf dem Kopf.

Mit dem Tuk-Tuk hoppelten wir durch den botanischen Garten, genannt Sri Lanka, vorbei an Reisfeldern, in denen Wasserbüffel und Reiher standen. Der frisch geerntete Reis lag am Straßenrand zum Trocknen aus; Pflanzen, die in Deutschland mühsam im Topf vor sich hinwelken, standen hier in voller Pracht: Anthurien, Dracaenen, Ananaspflanze, Dieffenbachien, Monstera.

Gut erhaltene Bauten aus der Kolomialzeit





1. Station: Ein 2.500 Jahre alter buddhistischer Tempel, unter einem ineinander gestürzten Felsen gebaut mit liegender und stehender Buddhafigur sowie Buddhas für Thailänder und Taiwanesen. In einer Nische hatte man Vishnu für die hinduistischen Religionsanhänger untergebracht. Zentrum des Tempels war der heiliger Boddhibaum, unter dessen Vorfahren Siddharta einstmals erwacht ist.
Bodhi- Baum im Felsentempel bei Galle

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Liegender Buddha - symbolisiert dessen Übergang in's Nirwana

2. Station: Der „White Tee-Garden“. Weißer Tee ist der teuerster überhaupt, denn nur die jüngsten Triebe werden mit einer Nagelschere geschnitten, der Tee mit der Hand nicht berührt. Aus den nächstälteren Trieben gewinnt man Oloong-Tee, aus denen darunter schwarzer Tee.
Auf der Teeplantage gab es very british Tee (was sonst) mit Cremetorte, bevor wird die Teemanufaktur besuchte. Dort wird mit Hilfe von Maschinen aus Irland, Baujahr 1870, der Tee wird getrocknet, zerrieben, gesiebt, fermentiert, von Spelzen befreit, nochmal zerrieben und zu besagtem White Tee verarbeitet.
Zum Trocknen auf der Straße ausgelegter Reis

Reisbauern bei der Ernte

White Tea - nur die letzten beiden Sprossen

Teeplantage

Pfeffer

Kautschuk

Die Teemanufaktur - noch ganz im British Style

Wasserbüffel...

... in seinem Element

3. Station: Kräutergarten. Ein schmalzgelockter Jüngling erklärte uns auf recht gutem Deutsch aber in solch einem fernöstlichen Singsang, dass wir uns pausenlos auf die Lippen beißen mussten, um nicht laut loszuprusten, Pflanzen, Öle, ayurvedische Kräutermischungen und Wirkungen. Kokosnussöl z.B. wird gegen Haarausfall und zur Stärkung desselben verwendet, augenscheinlich hatte er selbst reichlich davon verwendet. Nelkenbaum, blühender Ingwer, Zitronengras, Zimtbaum, Kurkuma, Pfeffer, Aloe Vera, Ananas, Mandelbaum und noch vieles andere mehr waren im Garten vertreten. Eine Mischung aus wildem Knoblauch (er sagte „Nobblauch“ und das so oft hintereinander, dass wir uns wieder vor Lachen kaum halten konnten) und weiteren Ingredienzien, welche, regelmäßig angewendet, zur dauerhaften Haarentfernung führt, hat er an Michas Schienbein ausprobiert. Und wer glaubt, Ayurveda sei Hokuspokus, der braucht sich nur einmal die kahle Stelle anzusehen; nach nicht einmal 5 Minuten waren die Beinhaare verschwunden! Das erschreckte mich ein wenig und ich wollte diese Mischung nicht zu Hause haben, aus Angst, ich könnte sie einmal mit dem Kokosnussöl verwechseln. Stattdessen wählte ich ein Nelkenölgemisch gegen Varizen und Krampfadern.
4. Station Schildkrötenfarm. Hier werden verletzte Schildkröten geborgen und gepflegt, um sie später nach Genesung wieder ins Meer zu entlassen. Bei dem vermeintlichen Schildkrötenfriedhof handelte es sich um eingegrabene Eier, die am Strand aufgelesen und in Sicherheit gebracht werden, bevor es Eierdiebe tun, die die nachts in den Sand gelegten Eier stehlen.
2-3 Monate dauert es, bis die Jungen schlüpfen, danach kommen sie ins Planschbecken und nach 8 Tagen zurück ins Meer, wo sie dann eine Überlebenschance haben.
Maresch brachte uns zurück nach Galle, wo wir uns noch ein wenig die Stadt ansehen wollte. Vorher zeigte er uns den Busbahnhof und den Expressbus nach Aluthgama mit aircondition, nicht ohne ernstes Gesicht und mehrmaliger Mahnung, „carefull“ zu sein. Wir versprachen, nicht vom Wege abzukommen, vorsichtig zu sein und keine fremde Hilfe anzunehmen.
Leider war es spät geworden, sodass unser Rundgang in Galle, erst portugiesischer, dann holländischer Handelsstützpunkt, bevor die Engländer die Insel und damit auch Galle übernahmen, eigentlich ein wenig zu kurz kam. Vorbei am Fort, der Moschee, den in Uniform badenden Schulkinder schlenderten wir zu einem gemütlichen Guesthouse mit Lizenz und freundlichen Kellnern und erzählten heute zum letzten Mal unsere Geschichte vom woher, wohin, Ehestand und Kindern.
Die obligatorishcen Stikfischer

Verflossener Glanz der Kolonialzeit

Die Moschee von Galle

Die alten Ramperts des ehemaligen "Dutch Fort"

Alte Dutch Reform Church

Schulkinder am Strand

Altes Kolonialhaus
Während ich, zurück in Moragalla, meine abendlichen Tagebucheintragungen vornahm und über Singhalesen, Hochlandtamilen und Kastenwesen sinnierte, hatte mein lieber Mann, Reisekamerad, Plappermännerabfänger, Wegbereiter und manchmal ein klein wenig eingebildet Kranker bereits die Unterkünfte für unsere nächsten Stationen Colombo und Kandy sowie Sitzplätze im Expo-Expresszug nach Kandy dank seiner Bemühungen im Dialoggeschäft über das allgegenwärtige „Harald“-Netz gebucht.
13.3.
So groß die kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und Sri Lanka, so wenig unterscheiden sich die alltäglichen Probleme von einander: Die Sorge um kranke Eltern und Geschwister, das horrende Schulgeld, Ängste um die Zukunft der Kinder. Auch das Familienleben ist von ähnlichen Konstellationen geprägt: Vater und Sohn tragen die obligatorischen Rangstreitereien miteinander aus, woraufhin sich Sohn vornehm zurückzieht, während Tochter, auf die Papi unendlich stolz ist, gehorsam am Familienleben teilnimmt. Passend dazu die kleine Episode, die sich in diesen Tagen im Hause Silva abspielte: „Due“. (Eigenheit der Singhalesen: Sie sprechen sich innerhalb der Familie nicht mit dem Namen an, sondern mit „Due“ (=Tochter), „Puta“ (=Sohn), „ältere Schwester“, „jüngerer Bruder“. Hat eine Familie 5 Töchter, werden zur Unterscheidung Adjektive wie „hellhäutig“, „klein“, „groß“ usw. gewählt.), 17 Jahre, wollte zur Party, was Amma (Mama) aus Sorge um ihre Jungfräulichkeit am Vortag verboten hatte. Wir hatten uns bereits gewundert, dass diese Tatsache mit soviel Gleichmut hingenommen wurde, bis sich herausstellte, dass „Due“ dann eben noch mal bei Papi angefragt hatte, der seinerseits seinem Töchterlein nichts abschlagen konnte, die Party war also gerettet. Irgendwie kam mir das bekannt vor. Heike Kruse hätte gesagt: Das ist Pendelerziehung!
Sie berichteten, dass arrangierte Ehen in Sri Lanka immer noch üblich sind, jedoch es ist auch möglich, sich seinen Partner selbst zu suchen, wie es Gheetani und Premaka z.B. getan haben und ihren Kindern auch zugestehen würden. Vor der Ehe gibt es keinen Sex, zumindest für die Frauen. Inwieweit das auch die Männer betrifft, habe ich nicht herausgefunden.
Premaka und seine Tochter


Heute stand der Besuch des Sinharaja Nationalparks, Reste eines Jahrhunderte alten Regenwaldes, auf dem Plan. Die Informationsfülle des Vortages fand heute ihren gerechten Ausgleich. Sowohl unser Fahrer, Premakas Schwager, der kein Deutsch sprach und Englisch eigentlich auch nicht, als auch der Guide im Nationalpark hatten es nicht so recht mit der Kommunikation. Zumindest im Rainforest wäre ein wenig Mitteilungsbedürfnis durchaus angebracht gewesen, aber vielleicht hätten wir neben einem „Guide“ auch einen „Speak“ buchen sollen. In Badelatschen schlappte er ein wenig lustlos durch den Dschungel neben uns her, aber immerhin haben wir mit seiner Hilfe die grünen Ceylon-Lanzenvipern, die Geckos, die wilden Ananaspflanzen, den gigantischen Holzspinner sowie wilde Hühner aufgespürt. Auch soll es in diesem Nationalpark Leoparden geben, die jedoch, wie die meisten Tiere, nachtaktiv sind. Manchmal kommen Sie ins Dorf und reißen Hunde, was Micha lakonisch mit „es gibt ja auch genug davon“ kommentierte.
Am Boden und an den Bäumen zog sich in langen Schlangen Ratan-Rohr entlang. Der Dschungel selbst war mir nicht so geheuer; zu dunkel, keine Aussicht, die fremden Tiere. Dieses Wandern durch das düstere Unterholz war mir unheimlich. Die berühmt-berüchtigten Blutegel haben wir glücklicherweise nur an den Füßen unseres Guides gesehen.
Am Ausgang des Parks gab es nach mehrmaliger Anfrage für den interessierten Besucher, der die Sri Lanker für ihren weltberühmten Tee lobte, und seine Frau schwarzen Ceylon-Tee in Tassen statt Nestea aus der Plastiktüte und dazu getrocknete Palmhonigstückchen, die meine Zahnhälse zum Schwingen brachten.
Die An- und Abfahrt war eine Tortur; anders lässt sich die Reise im schlecht gefederten Transporter, der km-weit über Straßen under construction hüpfte und meine Halswirbel auf eine buchstäbliche harte Probe stellte, nicht beschreiben.







Zistrose?






Mimosa


Chamäleon

Wilde Ananas

fleischfressende Kannenpflanze

Chamäleon

Ameisennest aus Laub

Wilder Hahn

Tausendfüßler, etwas größer als gewöhnlich









Ceylon Lanzenotter

Termitennest?

Nichts für Arachnophoben

Der Straßenverkehr in Sri Lanka ist ohnehin ein Kapitel für sich. Im besseren Fall gibt es eine asphaltierte Straße mit Randstreifen, im schlechteren Fall bricht der Asphalt rechts und links der Spur mit deutlicher Neigung ab. In beiden Fällen gibt es keine Fußwege. Auf den ohnehin schmalen Spuren tummeln sich (nach Größe geordnet) Überlandbusse (Marke Lanka Ashok Leyland), Laster, Kleinwagen, Tuk-Tuks (dreirädrige Motorräder mit Überdachung), Motorräder, Rinder, Fahrradfahrer, Schulkinder und andere Fußgänger. Gefahren wird theoretisch links, praktisch dort wo Platz ist.
Während die meisten Verkehrsteilnehmer eine gewisse Rücksicht gegeneinander zeigen, sprengt der Überlandbus alle Grenzen: Laut hupend rollt er in rasendem Tempo an, überholt und bahnt sich seinen Weg ohne Rücksicht auf Verluste; ein- und ausgestiegen wird während des Haltens und Anfahrens. Das Positive: Die Busse fahren in kurzen, unregelmäßigen Abständen 24 Stunden am Tag in den kleinsten Winkel des Landes und das zu einem Preis, für den man in Deutschland nicht einmal einen Liter Benzin bekommt.
Und auch ein Busbahnhof, z.B. der in Galle, wo alle Busfahrer ihre Destinationen durcheinander schreien und der im ersten Moment wie der Turmbau zu Babel wirkt, hat eine gewisse Struktur. Alle Busse haben Schilder in Singhalesisch, Tamil und Englisch und wenn man seinen Zielort annähernd aussprechen oder auf der Landkarte zeigen kann, hat man gute Chancen, den richtigen zu erwischen.
Wenn auch die Fahrt anstrengend und lang war, hatten wir doch unterwegs herrliche Ausblicke auf Teeplantagen, Reisfelder, Bananenpflanzungen, Dschungel, buddhistische Heiligtümer und all das bunte Volk, welches das Straßenrandgebiet bevölkert.
Die Straßen werden meist vier- bis fünfspurig genutzt


LANKA ASHOK LEYLAND bringt einen überall hin

Nicht zu vergessen: das gute alte TUK- TUK

Bunt geschmückte Laster prägen das Straßenbild


Reisende im Nachbarbus. Flirten mit der White Lady nebenan...

... dafür gibts Traubenzucker zur "Freude" der Oma.

Busbahnhof. Der Richtige ist garantiert dabei. Nur welcher?




Züge auf touristischer Nebenstrecke


Die besten Plätze sind an der offenen Tür

14.3.
Zur Einstimmung auf unseren heutigen Strandtag hat Micha das Wetter in Berlin verlesen: 2 Grad Kälte und Schnee. Wir waren zufrieden.
Während unsere fleißigen Gastgeber bereits seit Stunden auf den Beinen waren, schliefen wir bis 10.30, um danach ein wenig Wäsche zu waschen und einen geruhsamen Sonnen- und Badetag einzuläuten.
Sri Lanka hat ein extrem hohes Vorkommen an Edel- und Halbedelsteinen; deshalb hatten wir am Vorabend in den Juweliergeschäften am Strand ein wenig Marktforschung betrieben. Die aufgerufenen Preise jedoch hatten mich fast vom Hocker gerissen. Premaka erzählte uns, dass er einen Freund hatte – tamilischer Muslim bzw. muslimischer Tamil – Juwelier in Beruwala, zu dem er mich begleiten könnte, wenn ich Interesse hätte.
Obwohl ich nicht unbedingt dafür bekannt bin, viel Geld für teuren Schmuck auszugeben, ließ mich der Gedanke, mir ein schönes, handgefertigtes Schmuckstück aus der Heimat der Edelsteine mitzubringen nicht los und die Idee, nicht zufällig irgendwo etwas zu kaufen, gab mir ein klein wenig Sicherheit, sodass ich mich gegen 17.00 Uhr mit unserem Gastgeber in Richtung muslimisches Viertel aufmachte. Unterwegs fuhren wir an Muhammad vorbei, der verwundert ins Tuk-Tuk schaute.
Es begann ganz harmlos. Der Chef war noch nicht im Hause, also zeigte mir sein Adlatus die Edelsteine, erklärte Karat, Schliffe, Herkunft, Bedeutung, Zuordnung zu Sternbildern und ähnliches. Dann trat der Meister persönlich ein, jeder Zentimeter ein König. Geschäftstüchtig und leutselig bot er mir Ingwertee an und führte in perfektem Deutsch sein Verkaufsgespräch. Als er mir den Porphyr, der mir eigentlich gut gefallen hatte, für 300,00 Euro (selbstverständlich mit Fassung) anbot, hätte ich beinahe dieselbe verloren und ahnte, worauf ich mich eingelassen hatte. Aus Souk-Erfahrung wusste ich jedoch, dass der Einstiegspreis immer exorbitant hoch ist und versuchte zu handeln wie ein Weltmeister. Wir suchten weitere Steine, die zu mir und meinen finanziellen Vorstellungen passen könnten, tauschten Komplimente, lobten die Stücke und blieben geschmeidig. Irgendwann gab ich zu verstehen, das ich über mein mir aufgrund der Marktforschung des Vortages gesetztes Limit nicht hinausgehen würde und deutete an, den Laden ohne Geschäft zu verlassen. Der Meister führte daraufhin eine kurze Rücksprache mit seinem Adlatus in hartem Tamil und sagte zu. Vielleicht war dies aber auch nur Show und ich hatte mich selbst schlecht verkauft; ich weiß es nicht.
Unser Gastgeber saß die ganze Zeit über daneben und beobachtete mich von der Seite; was der so bei sich dachte, das möchte ich auch lieber gar nicht wissen.
Strandtag in Moragalla


"Lembasbrot" als leckerer Tagesproviant
15.3.
Zum Frühstück gab es heute neben Hoppers mit Ei noch eine sri lankische, traditionelle Frühstücksmahlzeit: Fladen aus Kokos und Mehl, dessen Name mir nichts sagte sowie eine Art Muffins, auch aus Kokos und einem Backtriebmittel gebacken. Beides war in Blätter eingewickelt, schmeckte köstlich, war nahrhaft und wurde von uns daher auf „Lembasbrot“ getauft. Zum Nachtisch die obligatorische Papaya, dazu Ceylontee mit Ingwer.
Wie gut, dass ich am Vortag auf meinem Strandspaziergang Nuri getroffen hatte, der mich gleich in sein Boot einladen und zur nächst gelegenen Insel und dem dort befindlichen Heiligtum schippern wollte. Nuri stammte anscheinend aus der Serie „Beachboy“, vor denen Reiseführer und Einheimische ernsthaft und berechtigt warnen. Es handelt sich hierbei um Jünglinge um die 20, vermutlich noch nicht verheiratet und daher hormonell kurz vorm Platzen. Beim Anblick eines Stücks weißer Haut, und sei es noch so alt, drehen sie frei. Das Angebot lehnte ich daher dankend ab, jedoch fiel mir bei dieser Gelegenheit der Tipp aus dem Reiseführer zum Besuch des Mangrovenwaldes ein.
Und da auch das wie immer kein Problem war und sich in Premakas weitläufiger Freundes- und Geschäftswelt auch ein Bootsbesitzer befand, konnte die Reise pünktlich 9.00 Uhr starten. Die Mangrovenwälder befanden sich an den Flüssen, die sich quer durch das Hinterland ziehen. Seit dem Tsunami 2004 gibt es hier Krokodile und tatsächlich haben wir einige in verschiedenen Größenordnungen gesehen. Aber nicht nur diese, auch ein Eulenpärchen ließ sich blicken und beim Hochschauen in den Bäumen über uns waren auch noch zwei grüne Baumschlangen vertreten. Meine besten Freunde waren jedoch die Warane, Echsen von 1-2 m Länge, die sich mit Vorliebe von Kleintieren und Giftschlangen ernähren.
Waran verschwindet mal lieber in den Mangrovenwurzeln



Kleines Krokodil


Nasen- Peitschennatter - gut getarnt

Schwimmender Waran

Eulenpärchen - auch gut getarnt

Fett gefressener Waran beim Verdauungsschläfchen auf einem Baum


Krokodilbaby

Unterwegs erzählte uns Premaka seine persönliche Geschichte vom Tsunami am 26.12.2004. Die erste Welle rollte morgens um 9.00 Uhr heran; die Strandbesucher kamen vom Strand gelaufen und berichtet davon, Gheetanis Laden war bereits mitgerissen worden. Die 2. Welle war schon ein wenig größer. Unsere Gastfamilie lief gemeinsam auf eine nahe Erhebung, um sich zu schützen, bevor die 3. Welle ihr Haus erreichte und die gesamte Inneneinrichtung mit sich riss; nur die Mauern standen noch. Der Tsunami hatte bereits in den frühen Morgenstunden die südlichen Gebiete der Insel erreicht, jedoch lag die Kommunikation brach, sodass eine vorherige Warnung nicht möglich war.
Eine Woche lang waren die Bewohner auf Hilfsgüter aus anderen Landesteilen angewiesen, die Wasserversorgung war unterbrochen. Versicherung? – Fehlanzeige. Darauf vertrauen Singhalesen nicht. Von den zahlreichen finanziellen Hilfen aus dem Ausland sind bei den betroffenen Familien gerade mal 20.000 Rupees (ca. 130 Euro) angekommen; wo die großen Summen abgeblieben sind, darüber lässt sich nur spekulieren…
Bei dieser Gelegenheit erkundigten wir uns beiläufig nach den Grundstückspreisen und brachten in Erfahrung, dass in Premakas Nachbarschaft ein kleines Grundstück mit altem Haus für 5 Mio Rupee = 30.000 Euro zum Verkauf stehe.
Auf der Rückfahrt war einen Kokosnuss vom Baum gefallen und uns vor´s Tuk-Tuk gerollt. Premaka hob sie auf, schüttelte sie, stellte fest, dass sie essbar war und nahm sie mit nach Hause. Dort schlug er sie so lange mehrmals auf eine Art Keil, bis rund herum die ca. 5 cm dicke Faserschicht gelöst und die uns bekannte Kokosnuss zum Vorschein kam. Aus den Fasern werden normalerweise Seile und Polster hergestellt.
Beim Zahltermin verspeisten wir gemeinsam die Nuss, die frisch und ölig und kein bisschen nach trockener Seife schmeckte.
Annett's Juwelier

Premaka schlachtet eine Kokosnuss, die wir unterwegs gefunden haben
Nochmal ins Wasser gehüpft, sonnengebadet und dann wollte ich mit Premaka zum Juweliergeschäft fahren, um meine Kronjuwelen abzuholen.
Als ich vom Strand kam, sah ich „Puta“ mit dem typischen Trotzgesicht eines 13-jährigen, einer Mischung irgendwo zwischen Langeweile und Schuldbewusstsein in der Hängematte vor sich hindümpeln. Vater lief im Haus auf und ab und tönte in lauten, harten, schnellen Sätzen Richtung Hängematte, bevor er sich ins Tuk-Tuk schwang und mit mir auf dem Rücksitz leicht wutentbrannt durch das Tor rauschte. Unterwegs erzählte er mir, dass „Puta“ im Schlafzimmer seiner Eltern eine Flasche Öl hatte fallen lassen, welches sich auf dem Fußboden ausbreitete, es jedoch nicht für nötig gehalten hatten, das Unheil zu entfernen. Stattdessen hatte er sich selbst still und heimlich aus dem Weg geräumt.
Ich war gespannt, was mich diesmal im Juweliergeschäft erwarten würde.
Die Einladung zum Tee nahm ich gern an, denn wenn man Geschäfte abschließt, trinkt man gemeinsam Tee, das ist sicher nicht nur Marokko und Tunesien so, dachte ich mir.
Die Schmuckstücke wurden umständlich ausgepackt, begutachtet, für gut befunden, gelobt, umständlich wieder eingepackt. Jetzt hätte ich gern den Tee getrunken, bezahlt und wäre meiner Wege gegangen. Aber der Tee kam und kam nicht. Stattdessen wurden die Lieferungen aus der hauseigenen Miene des heutigen Tages – Rohsteine sowie nach Auftrag geschliffenen Steine für Ohrringe und Ringe vorgeführt. Einen Mondstein für meine Tochter hatte ich ja bereits gekauft. Für meinen Sohn, welcher im März geboren ist, bot mir der Meister den dazu passenden Aquamarin an, einen Glücksstein, den ich meinem Sohn unter das Kopfkissen legen sollte, damit er ihm dort selbiges bringe. Wahrscheinlich konnte sich der gute Mann kein Bild davon machen, wie es unter dem Kopfkissen meines Sohnes aussah.
Premaka müssen wohl meine verzweifelten Blicke Richtung Teeküche aufgefallen sein, denn er ging dahin und erklärte, dass er wenig Zeit zum Warten habe, da er dringende Geschäfte zu erledigen habe. Endlich kam der Tee, ich bezahlte, erhielt eine Menge Papier mit vielen Nullen darauf und ein Zertifikat, welches Mrs. Annett als Eigentümerin von Onyxen und Mondsteinen, in Silber gefasst, ausweist.
Nachdem wir im Verlauf des Gespräches, welches sich um Geburtsdaten und Glückssteine drehte, festgestellt hatten, dass unser Herbergsvater und ich am selben Tag im gleichen Jahr geboren worden waren, konnten wir das Geschäft besiegeln und ich fuhr um einige Euro ärmer aber um ein schönes Erlebnis reicher nach Hause.
Für unser letztes Abendessen hatten sich die Silvas besonders viel Mühe gemacht und tischten verschiedene Currys, also unterschiedlich gewürzte Soßen mit Gemüse und Fisch auf: Möhren-Lauch, Kürbis, Kochbanane, eingelegter Knoblauch, Thunfisch extra scharf, Garnelen. Dazu Reis und Pommes frites sowie rote Ketchupsoße mit Knoblauch.
Abschiedsessen bei den Silvas
  
Während des Essens erzählten uns die Silvas, dass sie 4.30 Uhr aufstehen, da der Sohn weiter entfernt auf eine private Schule geht, die 40 Euro/ Monat kostet und 6.00 Uhr beginnt. Samstags nimmt er privaten Mathematikunterricht und Sonntags geht er in die Tempelschule, die jedoch etwas später beginnt und er daher bis 6.00 Uhr schlafen kann. Die Familie ist sehr auf die Bildung ihrer Kinder bedacht. Die Tochter wartet auf ihre Examensergebnisse und nimmt in der Zwischenzeit Unterricht in Webdesign. Beide wollen/sollen später einmal studieren. Ich habe gelesen, dass in den letzten 20 Jahren Selbstmorde mehr Todesopfer gefordert haben als der Bürgerkrieg, die Ursache ist unklar. Man nimmt sich wegen Kleinigkeiten, Streiteren usw. das Leben. Vielleicht ja auch wegen Überforderung.
16.3. Colombo
Heute hieß es Abschied nehmen von Moragalla Beach und Familie Silva, die uns inzwischen sehr ans Herz gewachsen war. Ein wenig traurig war uns wohl beiden zumute und als wir in den Zug voller bunter Menschen nach Colombo sprangen und dazu melancholische, singhalesische Weisen aus dem Lautsprecher tönten, kam ich mir vor wie in der Seifenoper, die die Kinder und Mutter Silva jeden Abend voll Spannung im Fernseher verfolgten.
In Colombo holten wir unsere Zugtickets ab, die Micha vorsorglich im Laufe der Woche gebucht hatte. Es dauerte 5 Minuten und ich will nie wieder lästern über Powerbox, internetfähige Handys und Männer, die ihre Technik hegen und pflegen wie andere ihren Garten. Der Zug war nämlich ausgebucht und das auch am darauffolgenden und übernächsten Tag. Hätte geheißen, uns mit dem Bus nach Kandy zu quälen oder noch 2 Tage zusätzlich im Großstadtmoloch zu verharren. Und da ich ja einen überaus fürsorglichen Reisebegleiter habe, war auch das „Garden-Guesthouse“ in Colombo bereits reserviert, wo uns der Tuk-Tuk-Fahrer nach ein paar Umwegen, mehrmaligen Nachfragen bei Kollegen und unseren Hinweisen entsprechend GPS auch zuverlässig hinzuckelte.
Im „Garden“ herrschte lt. Reiseführer die Farbe rosa vor, aber das war noch nicht alles. Die gesamte Inneneinrichtung mit all seinen Fensterbehängen, Gips-Nippes und überladenem Wandschmuck erinnerte an den angestaubten Charme eines Pariser Etablissements im Moulin-Rouge-Viertel.
Garden Guesthouse - Rosa Plüsch

Skyline von Colombo

Uferpromenade von Colombo

Einheimische beim Baden. Natürlich mit Kleidung.


Alte Kolonialkontore


Hindutempel in Pettah, den Straßen von Colombo





Über den Stadtpark, in dem sich an jedem Baum Liebespaare tummelten, gelangten wir zur Ordinationshalle für buddhistische Mönche, die sich auf einer Insel inmitten eines Sees befand (im Hintergrund das Geschäftsviertel von Colombo, was einen guten Kontrast zwischen Tradition und Moderne hergab) und zum Haupttempel der Stadt. Weiter entlang der Strandpromenade, an der allerlei buntes Volk flanierte, Richtung holländisches Fort, wo wir im Marineclub – welch ein Segen – ein eisgekühltes Lion Lager auftun konnten.
Mit dem Tuk-Tuk ließen wir uns zum Uhrenturm, dem Ausgangspunkt für unsere weitere Stadtbesichtigung fahren, während dessen der Driver sein touristisches Seightseeing-Programm in Endlosschleife abspulte. Während ich nach Kleingeld kramte, wiederholte Micha mantramäßig „no, only to the clocktower“, bis der Driver aufgab und uns seufzend entließ.
Stadtpark von Colombo...

... mit Saftpause

Blühender Kanonenkugelbaum

Ordinationshalle der Mönche




Das Technikmuseum ist in einem Tempel untergebracht







Schöner Mondstein am Tempeleingang. Ab hier bleiben die Schuhe aus.
Sri Lanka war genau das Richtige für meine Freude an der Multikultur: Buddhisten, Hindus, Muslime, Christen lebten hier bunt gemischt zusammen und Pettah, das Basarviertel der Hauptstadt, war eine Miniaturausgabe dieses Konglomerats, zusammengedrängt auf engstem Raum.
Wir durchschritten langsam dieses Wuseln, Hupen, Tönen, die bis unter die Decke vollgestopften Läden mit undefinierbaren Waren und ließen uns von der Dynamik des Viertels forttreiben.
625 ml Lion Lager hatte uns die nötige Unbeschwertheit dafür beschert und so schlängelten wir uns leichtfüßig vorbei an Tuk-Tuks, Menschenmassen und feilgebotenen Ware, die sich mir später auf den Fotos erst im Detail erschlossen haben, bis wir zum Muslim-Viertel kamen. Dort jedoch verloren wir kurzzeitig die Nerven: Den Wunsch, die schönste Moschee von Sri Lanka zu besuchen, wollte mir mein Mann, wie alle anderen Wünsche, natürlich nicht abschlagen. Die Moscheewächter am Eingang winkten uns freundlich herein. Im Innenhof wuschen sich Männer die Füße, einige standen vor der Gebetsnische und verrichteten ihr Salat, ein paar saßen auf der Balustrade und beobachteten uns. Dazwischen wuselten Arbeiter, denn das Gebäude befand sich in Renovierung. Während sich mein Mann gerade noch tapfer die Füße gewaschen hatte, realisierte er wohl plötzlich, wo er sich befand, schlüpfte in seine Schuhe und lief eilends wie der kleine Muck davon.
Ich selbst kam mir augenblicklich in dieser Männermoschee auch ein wenig verlassen vor, zumal nun die schwarzen Augenpaare auf mich allein gerichtet waren und tat es ihm gleich. Später habe ich mich über meine Flucht geärgert. Ich hätte mich, wie z.B. in Istanbul auf die Galerie verziehen und von dort den Genius Loci aufspüren sollen.
Moschee in Pettah (Colombo)

Hindutempel mit typischem, bunten Turmaufbau


Schrein für drei der über tausend Götter.Vieleicht sind die drei auch Einer...

Sympathiebekundung mit dem Tempelpriester

Dafür gibts einen Punkt auf die Stirn

Auf zu neuen Ufern

Auf unserer Reise quer durch die Religionen suchten wir zum Abschluss einen der bedeutenderen Hindutempel des Viertels auf, dessen Fassade und Turmaufbau mit all den schrecklichen Götzenbildern und Dämonendarstellungen uns unheimlich und furchteinflößend vorkamen; weder Hanuman, dem Affengott, dem tanzende Shiva noch Ganesha, dem Elefantengott konnten wir besonders viel Vertrauen entgegenbringen.
Im Inneren segnete uns der Tempelwächter, indem er uns mit Daumen und Mittelfinger die Nase zuhielt und mit dem Zeigefinger einen roten Punkt auf die Stirn drückte. Hätten wir ein halbes Jahr in Goa verbracht, hätten wir vielleicht nicht anders ausgesehen. Der Punkt sorgte später im NachbarTuk-Tuk für viel Freude bei einer einheimischen Familie, die uns anerkennend zuwinkte und die obligatorische „Daumen-nach-oben- Bewegung“ machte, wie immer, wenn man mal wieder etwas richtig gemacht hatte: z.B. extra scharf gewürzten Reis mit Curry bestellt, Arrack getrunken oder traditionell mit den Händen gegessen.
17.3. Kandy
Mit dem Zug ging es heute von Colombo in die Berge, ein Streckenabschnitt, der als eines der Highlights der Sri Lanka-Aktivitäten beschrieben wird. Durch den Dschungel, vorbei an Reisfeldern und Teeplantagen schob sich der Zug langsam aber sicher ins Hochland nach Kandy, der Stadt, die eines der Heiligtümer der Insel, nämlich den Zahntempel (mit dem Backenzahn Buddhas im Reliquienschrein) beherbergt.
Am Anfang der Besitznahme eines neuen Aufenthaltsortes steht die Sammlung von Informationen. Wo befinden sich Bahnhof, Busbahnhof, Banken, wie gelangt man zu den Sehenswürdigkeiten und geplanten Ausflügen, wo stehen vertrauenerweckende Tuk-Tuk-Driver und wo gibt es Lokale mit „Lizenz“.
Auf unserer Jagd nach Erkenntnissen lief uns als erstes „Expeditor-Tours“ über den Weg, die im Reiseführer als brauchbare Guides zur „Knuckles Range“ ausgewiesen waren. Mr. Sumane der Expert-Expeditor himself, nach eigenen Angaben 70 Jahre alt und 30 Jahren Erfahrung in der Erkundung der „Knuckles“, lag auf dem Sofa und schaute das Kricket-Rückspiel Sri Lanka gegen Bangladesh. Bereitwillig hörte er sich unser Anliegen an, erklärte uns die Tourvarianten, zeigte uns seine selbst gemalte und gebastelte Wanderkarte und bot uns dann eine Tagestour von ca. 12 km, über Wasserfälle, Plateaus zum Hilltop, zurück über Teeplantagen an. Nicht ohne mehrmalige Nachfragen und zweifelnde Blicke, ob denn die white Lady, die im Elefantenröckchen vor ihm saß, den Trail denn auch schaffen würde. Umgerechnet 50 Euro pro Person, ein „Dutchman“ sollte noch dabei sein; wir willigten ein und verabredeten uns für nächsten Morgen 6.30 Uhr.
Gebirgsdschungel auf dem Weg nach Kandy

Blick von unserem Hotal auf den Zahntempel (ganz klein im Hintergrund)

Verschnaufen im Hotel. Technik, Lage und Karten checken.
Für diesen Tag jedoch hatten wir uns erst einmal Kandy in langsamerer Gangart vorgenommen, denn der Tag in Colombo war aufwühlend und beeindruckend genug gewesen.
In Kandy-City herrschte Aufregung. Zum Einen gab es einen Aufmarsch buddhistischer Mönche, der einherging mit Gesängen, Lotosgerüchen und den Klängen von Trommeln und Horanewas sowie eine muslimische Gegendemo. Schon öfters hatten wir den Schriftzug „no halal“ in Graffity-Art an Mauern und Gebäuden wahrgenommen und uns gefragt, ob das wohl irgendetwas mit dem uns aus unseren türkischen Lebensmittelläden bekannten „Halal“ zu tun habe. Wir lagen richtig. Wie wir Gesprächen mit dem Guide im Zahntempel und dem Internet entnahmen, handelte es sich um einen Konflikt zwischen der muslimischen Minderheit und fundamentalistischen buddhistischen Mönchen (es hört sich an wie ein Oxymoron, aber warum sollte es bei den Buddhisten nicht auch Fundamentalisten geben), die ja auch die herrschende Ethnie und politische Meinung vertreten. Halal (arabisch=erlaubt) bedeutet ein Regelwerk mit Grundsätzen, was nach islamische Recht zulässig ist; v.a. sind damit Lebensmittelgesetze gemeint. Und so stoßen wohl bestimmte Tierhaltungs- und Schlachtmodalitäten der muslimischen Bevölkerung bei den herrschenden und gesetzgebenden Buddhisten, die keine Tiere töten, nicht auf Gegenliebe; wie wir erfahren haben, spielen auch wirtschaftliche Gesichtspunkte dabei eine Rolle.
Spaziergang zum Bergkloster

Ein Schälchen Tempelblumen. Anstandshalber.


Der Bodhi- Baum. Intum vorhanden


Buddhistische Mönche in "Stummem" Protest gegen das "Halal"

Schärfstes Curry im altehrwürdigen Hotel "Old Empire"

Zahntempel
Zum Anderen war Großkampftag, denn der „Chief- Monk“ (O-Ton) hatte 83. Geburtstag und Gläubige aus allen Landesteilen waren gekommen, um dieses Ereignis und die Einweihung der neuen silbernen Tür, hinter der die Zahnreliquie verschlossen wurde, zu feiern.
Zuerst jedoch bahnten wir uns unseren Weg durch Kandy Zentrum zum Tempel auf einem nahe gelegenen Hügel, dessen weiße Buddhastatue wir bereits weithin hatten leuchten sehen. Der Weg zum „Erwachten“ ist lang und steinig und vor allem heiß, denn Tempelanlagen betritt man nicht mit Schuhen. Die cleveren Engländer hatten sich Socken mitgebracht, ich selbst habe mir beim Treppenaufstieg fast die Fußsohlen verbrannt. Von oben aber hatte man einen wundervollen Blick auf die Stadt, der Verkehrslärm war ebenmäßigen Mönchsgesängen aus dem Lautsprecher gewichen und eine heilige Ruhe breitet sich aus.
Über das „Old Empire“, wo ich meine ausschweifenden Curry-Gelüste ausleben konnte, ging es zum Zahntempel, an dessen Eingang der staatlich verordnete Guide die ausländischen Besucher abfing. Er führte uns durch ein Labyrinth von Eingangshallen, Nischen, Bildern, Altären, Öllampen, Mondsteinen, Bodhibäumen, Gläubigen und versorgte uns mit Wissenswertem. Ehrlich gesagt, hätte ich gern auf ein paar Infos verzichtet und dafür ein wenig mehr Andacht und rechtes Versenken zugelassen. Die Führung ging für meine Begriffe ein wenig zu schnell und speziell in diesem Tempel hatte ich das Gefühl, dass sich fremdländische Touristen möglichst nicht zu lange in den heiligen Hallen aufhalten sollten. In den kleineren Tempelanlagen, die wir später besuchten, die vielleicht nicht ganz so namhaft, dafür aber umso stimmungsvoller waren, konnte man sich ungestört bewegen, beobachten, fotografieren und sich ausreichend Zeit für seine Betrachtungen lassen.
Zahntempel


Chief- Monks 83ster Geburtstag




Blick über den Milchsee zum Zahntempel

Im unmittelbaren Anschluss an den Besuch des Zahntempels begannen die traditionellen Kandytänze, lt. Reiseführer ein bisschen touristisch, aber sehenswert, auf die wir trotz all der anderen tausend Eindrücke und der damit einhergehenden Erschöpfung, die sich langsam aber sicher einstellte, denn doch nicht verzichten wollten. Die Tänze begannen mit einer musikalischen Einleitung per Trommeln und Horanewa. Dieses flötenähnliche Instrument bringt eine Reihe von lauten, schrillen, schiefen Tönen hervor und kreischte bis in unsere letzten Gehirnwindungen. Als das Spektakel begann, befürchtete ich (Michas Gesichtsausdruck nach zu urteilen) einen cholerischen Anfall und hätte ihm noch nicht einmal übel genommen, wenn er aufgesprungen und davongelaufen wäre. Er hatte jedoch inzwischen ausreichend religiöses Flair eingeatmet, um sich auf die buddhistischen Tugenden zu besinnen; er blieb also gelassen, nahm sein Schicksal an und war nach 10 min eingeschlafen.
Ehrlich gesagt, hatte ich an diesem Tag auch etwas zuviel Flair abbekommen. Erst Colombo, dann Kandy; von halber Kraft und gemäßigtem Stadttag konnte keine Rede sein. Das ganze Land strahlte eine derartige Exotik, Fremdheit und Anziehungskraft aus, die bunte Kleidung der Frauen, die zwar züchtige kurze Ärmel besitzt, jedoch zwischen Sarirock und Oberteil ein handbreites Stück ihrer üppigen Körper aufblitzen lässt, die dunkelhäutigen Männer mit glühenden Augen und wohlgestutztem, schwarzen Haar, mit dem traditionellen Sarong bekleidet, der Staub der Straße, der sich mit dem Geruch der Räucherstäbchen aus den Tempeln und dem der Gewürzläden mischt, die Hitze, der Verkehrslärm, die scharfen Speisen, die Klänge und Gesänge aus den Tempeln und die Rufe der Muezzine, diese aufgeheizte, brodelnde, schwirrende Atmosphäre raubte mir die Sinne und mein Hirn fühlte sich an, als wollte es platzen.
Abends im Bett schrie meine Festplatte „Error“. Nach einer Woche Erlebnisreise stieß ich langsam an meine Kapazitätsgrenzen und begrüßte unseren weisen Entschluss zu einem zusätzlichen Relaxtag in Kandy. So aufgedreht wie ich war, fiel ich irgendwann in einen schweren Schlaf voller wirrer Träume, deren Inhalt ich lieber nicht wiedergeben möchte.
18.3.
So verdreht und k.o. wie ich abends ins Bett gegangen war, so erholt und bin ich am Morgen erwacht, aufgeregt, was der Tag in den Knuckles wohl für uns bereithalten würde. Wecken 5.15 und weil es ja in Sri Lanka nichts gibt, was es nicht gibt, standen pünktlich 6.00 ein Frühstück und die Lunchpakete für unterwegs für uns bereit.
Am vereinbarten Treffpunkt angelangt, wirkte Mr. Sumane dann doch ein wenig beruhigt, dass er uns in ordentlicher Wanderausrüstung antraf. Die beiden Guides, die uns begleiten wollten, machten einen freundlichen und v.a. aufgeweckteren Eindruck als der gelangweilte Mitläufer im Sinharaja Nationalpark.
Mit dem Transporter vorbei am Victoria-Wasserreservoir, dann Teatime nebst Rotti und Curry in einer Garküche in Rangala (das Lunchpaket hätten wir uns sparen können) bis zum Hindudorf, in dem wir unsere Wanderung starten wollten. Im Dorf, welches von Hochtamilen bewohnt wurde, kam uns eine seltsame Prozession entgegen. Vielleicht 20 Leute, vermutlich aus einer Familie, in ärmlicher, bunter Kleidung trugen verschiedene symbolische und Haushaltsgegenstände mit sich; in ihrer Mitte bewegte sich eine junge, geschmückte Frau. Wir vermuteten, dass es sich um eine Brautüberführung ins Nachbardorf handelte. Glücklich sahen die Menschen nicht aus.
Wilde Amaryllis

Teatime in Rangalla, auf dem Weg zu den Knuckles Mountain

Seilschaft in vorbereitender Behandlung gegen die Leeches


Ausblick vom ersten Wasserfall


Wer hat Angst vorm Leoparden?

Knuckles Peak im Hintergrund. Unser Ziel.





Gipfelbild

Wilder Kardamom

Chamäleon mit Nase

Hirschgeweihkäfer


Schöner Abstieg durch Teeplantagen
Auf steil ansteigenden Trampelpfaden wanderten wir durch den Dschungel zu den Wasserfällen. Den Gedanken, wie viele grüne Baumschlangen wohl in den Baumwipfeln über mir schlummerten, ließ ich irgendwann fallen (später erzählte mir der Guide, dass er, solange er hier wandert, noch keine Schlange gesehen hat und es hier wahrscheinlich gar keine gibt.). Jetzt war mir auch klar, warum Mr. Sumane bedenklich den Kopf gewiegt hatte, denn der als mittelschwere Tour deklarierte Weg im Zusammenspiel mit dem feuchtheißen Klima war für alle Teilnehmer eine echte Herausforderung. Das Naturerlebnis entschädigte für alle Strapazen. Einmal aus dem Düsterwalddschungel herausgekrochen hatte man vom Plateaupfad einen herrlichen Blick über die baumbewachsenen Berge und Gipfel.
Auf dem Hilltop angekommen, packten die beiden Guides das Reis- und Currygericht aus, welches sie extra für uns alle mit nach oben geschleppt hatten. Obwohl ich während strapaziösen Wanderungen nie Hunger verspüre, sollten sie sich die Mühe nicht umsonst gemacht haben und aß brav auf.
Der Rückweg brachte uns über Teeplantagen, die von Hochlandtamilen, Hindus der untersten Kaste, bewohnt und bearbeitet werden, vorbei an einem selbstgebauten Altar, dessen Bedeutung unser kindlicher Guide Micha verschämt ins Ohr flüsterte. Aber mir war ohnehin klar, dass der Lingam (Phallus), den wir später noch in weiteren Hindutempeln bewundern durften, das Symbol der Fruchtbarkeit darstellte, wo Frauen Opfergaben darbrachten und für Empfängnis beteten.
Den Tag beschlossen wir abends im Guesthouse mit Lizenz, wo wir uns mit dem holländischen Wanderkollegen, der eigentlich ein Schweizer war, und seiner türkischstämmigen Frau trafen, um Reiseerfahrungen auszutauschen und überhaupt ein wenig zu plaudern.
19.3.
Die Sri Lanker sind ein Volk, dessen Tag vor Morgengrauen beginnt. Wir hatten uns angepasst, den Wecker gestellt, um morgendliche Züge und Termine wahrzunehmen. Heute war damit Schluss, der Körper forderte Erholung, schließlich lief die Unternehmung ja unter dem Decknamen „Urlaub“.
Das Frühstück 9.00 haben wir gerade noch erwischt, danach lesen, Wäsche waschen, Weiterreise planen.
Auf unserem nachmittäglichen Weg in den botanischen Garten lief bzw. fuhren uns unsere Guides vom Vortag mit dem Tuk-Tuk über den Weg, in das wir sofort einsteigen und uns auf den Weg machen konnten.
Der botanische Garten hatte seinen Namen ehrlich verdient, denn was hier an prächtigen Pflanzen, Gewürzen, Kräutern, Orchideen üppig vor sich hinwuchs, hatte ich bisher in noch keinem derartigen Garten gesehen. Nicht zu vergessen die Horde Affen, die unter einem Baum saß, der lychee-ähnliche Früchte abwarf und die die Tiere mit Hingabe zu genießen schienen.
Während unserer Teatime-Pause im Gartenpavillion hatte ich das Geschmackserlebnis der 3. Art: Im Land der Currys und Gewürze servierte man mir ein pappiges Sandwich mit Wurst, welches von einem trockenen Möhren-Krautsalat gekrönt war. Mit Mayonnaise, versteht sich. Ich fluchte auf die Briten und schwor mir, nie wieder etwas anderes als einheimische Kost zu mir zu nehmen.
Im Park scharwänzelten die auf Schritt und Tritt anzutreffenden Schulkinder, drei aus der weiblichen Riege kamen kichernd und gackernd auf Micha zu und fragten ihn das übliche Woher, Wohin und ob es in Deutschland Affen gäbe. Er sagte nein, denn den Spruch mit den zweibeinigen hätten sie vielleicht doch nicht verstanden. Nachdem sie ihre Neugier gestillt hatten, zogen sie hüpfend und lachend davon.
Riesenbambus

Gigantische Baumwurzeln

Wilde Ananas

Posendes Chamäleon










Lieben wir Saft?

Affen unter sich

Königspalmen- Allee

Ficus Benjamini


Kanonenkugelpflanze



Kokosnüsse

Riesenbäume
20.3.
Der am Vortag bestellte Tuk-Tuk-Fahrer stand pünktlich um 9.30 mit gebügeltem weißen Hemd am vereinbarten Ort und sollte uns ins 40 km entfernte Elefantenwaisenhaus nach Pinnewala bringen, wo wir nach einer guten Stunde und noch nicht mal komplett durchgerüttelt ankamen.
Unterwegs wurden wir von einer der Polizeikontrollen, die überall präsent sind, angehalten, weil unser Fahrer beim Überholen angeblich zu nahe an einem Bus vorbeigefahren ist. Warum die restlichen Verkehrsteilnehmer, die allesamt die Verkehrsregeln (sofern überhaupt vorhanden) negierten, nicht angehalten wurden, entzieht sich meiner Kenntnis. Die Strafe kostete jedenfalls 3,00 Euro, was ungefähr einem Viertel des vereinbarten Honorars entsprach. Unser Guide ließ sich nichts anmerken (siehe eine der buddhistische Tugenden: Gelassenheit), hielt aber am nächsten Straßen-Buddhaheiligtum, meditierte und verrichtete erst einmal ein Gebet. Wir glauben nicht, um Buße für seine (Verkehrs-) Sünden zu tun, eher hielten wir das für die singhalesische Art, seine Wut abzureagieren. Das Bußgeld haben wir ihm am Ende des Tages gern durch ein Trinkgeld ersetzt.
Elefantenbad


Die armen Babys waren in eine Grube gefallen. Der Schock steht ihnen noch zu Gesicht.





Stadtspaziergang
Im Elefantenwaisenhaus wohnen Elefanten, die im Dschungel krank oder verletzt aufgefunden worden sind. Die beiden jüngsten Neuzugänge waren in einen Brunnen bzw. eine Falle getappt, die die Bauern aufgestellt hatten, weil Elefanten immer wieder ihre Ernte vernichten. (Welche Gefahren Elefanten tatsächlich für Dörfer und Farmer darstellen, ist mir so richtig erst an unserem folgenden Standort in Habarana aufgegangen.) Zuerst beobachteten wir die Tiere beim Baden im Fluss; eine riesige Herde so hautnah zu erleben war für uns ein Erlebnis. Danach zogen die Elefanten entlang der Souvenirshops auf die andere Seite der Straße zu ihrem Areal, welches malerisch von einer Kulisse aus Palmen und Bergen umrahmt wurde. Dann zurück zur Fütterung der Jungtiere mit Milchflaschen und zu den Babyelefanten, die noch ein wenig bedeppert in der Ecke standen. Als der Pfleger das Bad einließ, wurden sie munter, stellten sich unter den Wasserstrahl, ließen es sich genüsslich über Kopf und Körper laufen und machten einen sichtlich glücklicheren Eindruck.

Durian - Stinkfrucht

Baum voller Flughunde

Künstler- und Mönchszelle


Tempelanlage aus dem 14. Jahrhundert
Auf dem Rückweg nahmen wir noch zwei Tempelanlagen aus dem 14. Jahrhundert in der Nähe von Kandy mit. Der damals herrschende buddhistische König hatte eine hinduistische Frau, sodass auch hier die beiden Religionen erkennbar verschmolzen, wie überhaupt die buddhistischen Singhalesen vier hinduistische Gottheiten als Schutzgötter für ihre Insel auserkoren hatten und auch anbeteten.
Holz- und Steinmetzarbeiten, mit Gold überzogene Buddhafiguren aus Granit und bunte Malereien zierten die Tempel, die herrlich eingebettet im Hochland lagen und die wir ohne Guide in aller Ruhe genießen konnten.
Auf dem Rückweg sahen wir in den Bäumen aberhunderte Flughunde, die Kopfüber in den Zweigen hingen.
Zum Abendmahl habe ich mir aufgrund meiner traumatischen Erfahrung im Botanischen Garten Rice & Curry im „Old Empire“ mit einem vorangehenden Besuch im Pub (das ich eigentlich wg. Untypischkeit nicht so mochte, Micha aber um so mehr) erschlichen.
Weiter gehts!

Auf dem Busbahnhof von Kandy



21.3.
Heute hieß es Abschied nehmen von Kandy und dem Hochland in Richtung kulturelles Dreieck. Der Bus zuckelte und hupte sich 2,5 Stunden nach Habarana, während die Landschaft merklich flacher, die Gegend ländlicher und stiller wurde. In der Ebene befinden sich die sog. Wewas, Wasserreservoirs, die schon die klugen antiken Könige angelegt hatten, damit „kein Tropfen Regenwasser vom Menschen ungenutzt ins Meer fließen“ würden.
Habarana war der Schnittpunkt der Mittelsenkrechten im kulturellen Dreieck und angeblich ein guter Ausgangspunkt für all die dort vorhandenen Sehenswürdigkeiten. Dem Busfahrer hatten wir als Haltepunkt unser Guesthouse „Joes Habarana Village“ angegeben, was er kannte und wo er auch zu halten versprach. Leider war es nicht „Joes“, sondern „Cinnemon Garden“, vor dem er tatsächlich zum Stehen kam, was sich jedoch ca. 3 km hinter dem Objekt der Begierde befand. Zum Laufen war es zu weit, also einen Tuk-Tuk-Driver gechartert, welcher „Joes“ natürlich kannte. Sicherheitshalber aber hielt er noch einmal Rücksprache mit einem weiteren Passanten, an dessen rudernden Armbewegungen ich bereits ermaß, dass er den falschen Weg wies. Aber wir beharrten auf der von uns angegebenen Richtung, woraufhin sich der Driver kopfschüttelnd und unter wiederholtem „this ist he wrong way“ dann doch in Bewegung setzte. Als wir am Guesthouse ankamen, meinte er gönnerhaft, dass das doch ein „nice place“ sei und wir hatten den Eindruck, dass er sogar noch eine Provision vom Hotel klarmachen wollte.


Begrüßungsdrink in "Joe's Habarana Village"




Abendessen im Nachbarrestaurant
Tagebucheintragungen vor unserem Häuschen

Ganesha - Hinduistischer Schutzgott, auch der Reisenden
Joes Habarana Village wirkte ziemlich neu, hatte einen Pool, kleine Häuser und ein noch ein wenig unbeholfenes Personal, was überzählig sich um die einzigen Gäste, nämlich uns, scharte.
Wir zogen los, um die Verkehrs- und Anfahrtsmöglichkeiten zu den Sehenswürdigkeiten und Safaris zu erkunden. Mit dem Tuk-Tuk zurück nach Habarana Zentrum, was aus einer Straßenkreuzung mit Kreisverkehr und ein paar Läden am Straßenrand bestand.
Zuerst fanden wir den Bus nach Polonnaruwa; das war schon mal was. Der Bahnhof, so stellte sich heraus, lag ca. 5 km nördlich von Habarana-City und damit 10 km von unserem Schlafplatz entfernt. Also auf den Bus gewartet, der bereits zum Platzen voll, aber nicht so voll war, als dass nicht noch ein paar Passagiere hineingepasst hätten. Der Bahnhof selbst bestand aus einem Häuschen ohne Fahrplan, dafür aber mit einem freundlichen Bahnangestellten, der uns bereitwillig die Zugverbindungen nach Colombo bzw. Negombo, unserer letzten Station, aufschrieb. Also auch das geklärt, jetzt noch irgendwie eine Anfahrt nach Sigiriya und vielleicht sogar eine Safari finden. Also wieder in den Bus, der glücklicherweise diesmal nur halb so voll war und natürlich bei „Joes“ anhalten wollte. Wenige Meter hinter dem Kreisverkehr wurden wir entlassen um festzustellen, dass wir wieder vor „Cinnemon Garden“ standen. Es war wohl Murmeltiertag.
Während wir uns noch so über uns amüsierten, wurden wir von einem geschäftstüchtigen Jüngling angesprochen, ob wir ein Tuk-Tuk benötigen, moderater Preis, also ja. Er rief seinen „Bruder“ an, der uns gleich holen sollte und es stellte sich nebenbei heraus, dass die Beiden Safari, Taxi-Dienste, Tuk-Tuk-Fahrten und alles, was der immobile Tourist sonst noch braucht, anboten.
Während unserer Heimfahrt vereinbarten wir also ein Date für den nächsten Tag, um die Felsenfestung in Sigiriya zu besuchen und auf Elefantensafari im Ecopark zu gehen.
Und als wäre der Tag noch nicht erfolgreich genug gewesen, fanden wir in unmittelbarer Nähe zu unserer Unterkunft ein nettes Restaurant, was neben Grillhähnchen mit Pommes frites für Micha auch Rice & Curry für mich anbot, welches wieder äußerst reichhaltig und äußerst lecker gewesen ist. Der Inhaber, ein freundlicher und gesprächiger Singhalese, berichtete, dass „Joes Habarana Village“ tatsächlich neu sei bzw. den Besitzer gewechselt hatte und jetzt neu aufgebaut wurde; wahrscheinlich hatte sich das in Habarana City einfach noch nicht herumgesprochen.
Abends am Pool trafen wir Ken aus Los Angeles, der in Saudi-Arabien als Ingenieur in einer Alu-Miene arbeitet und jetzt in Sri Lanka Urlaub machte. Dazu hatte er für 100 Dollar am Tag einen Mietwagen mit Driver engagiert. Amerikaner durch und durch, bemängelte er, dass die Sri Lanker hier ja nicht so gut englisch sprächen. Ich fragte mich im Stillen, wie gut wohl sein Singhalesisch sei, aber diese Gedankengänge fanden bei Ken mit Sicherheit nicht statt.
22.3.
Bei der Auswahl des Tuk-Tuk-Fahrers unseres Vertrauens hatte sich die goldene Regel „Je jünger desto besser“ bewährt. Während die alten meist den Weg nicht kannten, dafür aber kräftig abkassierten, waren die jüngeren freundlich, gesprächig, hatten Visitenkarten, moderatere Preise, Zähne und sahen überhaupt einfach besser aus.
Am Morgen schon sah ich Ken forschen Schrittes zum Frühstück eilen, bevor er in sein überdimensioniertes Mietauto sprang, uns zuwinkte wir Kennedy persönlich und sich Richtung Sigiriya davonkutschieren ließ. Wir selbst freuten uns, dass es uns gelungen war, besagten Tuk-Tuk-Fahrer des Vertrauens zu arrangieren, der wieder überpünktlich am vereinbarten Ort zur Stelle war. Dann fuhren auch wir Richtung Felsenfestung, über rostrote Sandwege quer durch Dschungeldörfer, vorbei an Reisfeldern, Wewas (den angelegten Wassertanks), kleinen Häusern und Lehmhütten mit Dächern aus Palmwedeln, Schulen, die nur aus ein paar niedrigen Wänden und einem Dach bestanden und plötzlich hatte ich wieder dieses „Angekommen-Gefühl“, welches sich an einem neuen Ort immer dann einstellt, wann die Energien gut sind und man sich wohl und aufgenommen fühlt.
Sigiryia ist eine Festung, erbaut auf einem Felsen, der wie ein Elbsandstein aus der Ebene herausragt. Erbaut wurde sie von Kassupa, einem Vatermörder und Schreckensherrscher im 7. Jahrhundert und 18 Jahre lang von ihm als Regierungssitz genutzt, bevor er im Kampf gegen den rechtmäßigen Thronerben im Sumpf ertrank.
Den allseits präsenten, selbsternannten Guides entkamen wir glücklich bzw. ließen sie selbst relativ schnell ab, wenn man deutlich genug ihr wohlwollendes Angebot ablehnte. Ein älteres deutsches Ehepaar hatte sich nicht erwehren können und musste sich jetzt bedeutungsschwer erklären lassen, dass der Wassergraben der Wassergraben sei.

Die Felsenfestung Sigiriya



Die Wolkenmädchen

ca. 1300 Jahre alte Felsmalereien


Ausblick beim Aufstieg

Ruhepause am alten Prinzessinenpool

Unbekannter Affe
 Micha hatte beim Aufstieg auf die Festung, der sich auf Eisentreppen seitlich entlang des Felsens hinzog und bei dem ich mich lieber nicht an die Badarmaturen in unserem Guesthouse erinnerte, die beim ersten Anfassen abgefallen waren, sein schönstes Ferienerlebnis: Er wurde nämlich von einer fremden Touristin tatsächlich angesprochen, ob er Leonardo di Caprio sei! Sie schien ihm jedoch seine ehrliche Antwort nicht abzunehmen, denn sie ließ nicht ab, ihn weiterhin heimlich zu fotografierren.
Auf unserem Weg nach oben kamen wir an den berühmten Wolkenmädchen vorbei, die wie ein Fresco auf die verputzte Felswand aufgemalt waren. Die atemberaubende Sinnlichkeit der Darstellungen übertraf noch die Erzählungen aus dem Reiseführer, der behauptete, man wisse nicht, was diese Zeichnungen zu bedeuten habe. Ich jedenfalls bin mir darin ganz sicher: Nach einem schweißtreibend scharfen Currygericht unter schwül-heißem Himmel hat sich der frivole Schreckensherrscher an ihrer Schönheit und Erotik berauscht, zur Ablenkung und Stimulation seiner Sinne.

Elefantensafari



Da komm' se




Das war knapp!
Abendessen an einem kleinen Hoppers- Hotel am Straßenrand
Nach soviel Schwüle legten wir zur Abkühlung einen Zwischenstopp an „Joes“ hauseigenem Pool ein, bevor wir von unseren Jeep-Safaristen pünktlich abgeholt und zum Ecopark, indem sich jetzt zur Trockenzeit die Elefanten an den verbliebenen Wasserstellen aufhielten, gebracht wurden.
Unsere zwei Begleiter gaben alles, um uns das Erlebnis so unvergesslich wie möglich zu machen, sie hielten Abstand zu den anderen Jeeps (von denen es m.E. ein bisschen zu viele gab) und fuhren so nahe wie möglich an die Gruppen von Wildelefanten heran. Eine Herde kam bis auf 2 m zu uns herübergeschlendert, die Tiere wedelten mit den Rüsseln, zupften Grasbüschel, bewarfen sich mit Sand, nahmen zum Schutz ihre Jungen in ihre Mitte und ließen sich eigentlich nicht so richtig stören. Da ich ja grundsätzlich ein Angsthase bin, war mir trotzdem nicht ganz wohl bei der Sache, denn wer weiß, was so einer Elefantenherde auf freier Wildbahn alles einfällt. Der Guide versuchte, beruhigend auf mich einzureden, aber auch da war ich mir nicht sicher, wie er wohl ihm im E-Fall die Situation gerettet hätte.
Bei unserem letzten Stopp beobachteten wir die Tiere beim Wassertrinken, als unser Begleiter eine kickerndes Geräusch von sich gab, was die Elefanten aufhorchen, die Rüssel nach oben reißen, laut trompeten und in wenigen Sekunden von 0 auf 100 davonrennen ließ. Glücklicherweise nicht in Richtung unseres Autos.
Das Abendessen nahmen wir in Form von Hoppers mit Curry (was auf tamil einfach nur Soße bedeutet) in der kleinen Garküche gegenüber unserer Unterkunft ein.
23.3.
Angepasst an Sonnenaufgang und -untergang und aufgrund fehlenden Nachtlebens gingen wir keinen Abend nach 22.00 schlafen und erwachten morgens gegen 6.00, was meinen Biorhythmus ausgesprochen entgegen kam.
Zum Frühstück gab es diesmal, wie am Vorabend bestellt, kein kontinentales Frühstück, bestehend aus trocknem Weißbrot, Marmelade und Ei, sondern schön typische sri lankische Stringhoppers, Fisch- und Linsencurry, Sambol, ¼ Papaya, was wir mit den Händen aßen, wie wir das bei den Silvas gelernt hatten und was uns wieder die typische Handbewegung einbrachte.
Lanka Ashok Leyland hieß heute das Zauberwort. Während wir am ersten Tag noch gerätselt hatten, wie wir von „Joes“ zum Habarana-Verkehrsknotenpunkt gelangen sollten, erläuterte man uns an der Rezeption, dass gleich beim Hotel eine Bushaltestelle sei und man ja einfach nur den vorbeifahrenden Bus anhalten bräuchte. Gesagt-getan. Nach 1,5 Stunden waren wir in Polonnaruwa, einer alten Königsstadt aus dem 11. – 13. Jahrhundert, die danach im Dschungel versunken, in Vergessenheit geraten und erst vor ca. 100 Jahren wieder ausgegraben wurde. Dass die Busfahrt wieder einmal aus mehr als einem riskanten Überholmanöver, begleitet von lautem Hupen statt von Bremsen bestand, versteht sich von selbst. Und aus dem Lautsprecher tönt dazu singhalesische Popmusik, als wären wir in einem Bollywoodstreifen gewesen und nicht auf dem Highway to Hell.

Pilgerkarawane

Vor der "Ratshalle"

Ausgegrabene Königsstadt aus dem 11. - 13. Jahrhundert n.Chr.





Auch heute konnten wir uns die Tuk-Tuk-fahrenden Guides vom Leibe halten, statt dessen mieteten wir Fahrräder für jeweils 300 Rupien in einem nahegelegenen Guesthouse und starteten unsere Fahrt durch die alten Stadtanlagen auf eigene Faust. Was für eine Horrorvorstellung, in diesem ehrwürdigen, erhabenen Areal einen quäkenden Guide an seiner Seite zu haben.
Auf der Straße trafen wir einen Zug Gläubiger, die rote Umhänge und Hüte mit breiten Krempen trugen. Die meisten sahen asiatisch aus, jedoch waren auch Europäer dabei; Frauen um die 55, die mir vorkamen wie Alt-68er mit Nordic-Walking-Stöcken auf Pilgertour.

In Sri Lanka gibt es Vieles für wenig Geld, nur nicht Eintritte zu den Sehenswürdigkeiten. Mit 20-25 Dollar pro Ticket ist man („man“ ist der Tourist, Einheimische bezahlen ganz offiziell andere Preise) z.B. für den Zugang zum UNESCO-Weltkulturerbe locker dabei. Das wäre vielleicht noch vertretbar, wenn das viele Geld zum Erhalt derselben beitragen würde. Wie aber unterschiedliche Quellen unisono berichteten und man im Übrigen auch deutlich erkennen kann, verschwindet ein Großteil des Geldes in anderen Abgründen, meist in den Taschen des jeweiligen Regierungsclans. Wahrscheinlich kauft sich der momentane Präsident Rajapakse davon seine neuen roten Schals, mit denen er sich so gern und flächendeckend auf Plakaten, Fotos und sonstigen Werbeträgern ablichten lässt.
Die „ancient city“ zog sich ca. 5 km mit Königspalästen, Audienzhallen, Bädern, Dagobas, Klöstern, Hindutempeln, Buddhastatuen in allen Haltungen nach Norden. Je weiter wir uns von Eingang entfernten, desto ruhiger wurde es, desto weniger Touristen, sodass wir die Magie des Ortes spüren, einsam durch weitläufige Mönchbehausungen trudeln, den allgegenwärtigen Affen bei ihrem „Tagesgeschäft“ zusehen konnten. Die allerdings taten so gar nichts mit rechtem Gedenken und rechtem Streben: Sie gebärdeten sich wie die sprichwörtliche Herde wilder Affen, zäckelten, trieben Schabernack und rauften, als wären alle Michael Koslowskis der Welt hier versammelt und rissen der 1b die Zwiebeln aus dem Schulgartenbeet. Sie klauten Müll, Michas geleerte King Coconut und aus den Händen der Frauen Tempelblumen, die sie dann vor ihren Augen frech verspeisten.



Affe mit gestohlener Tempelblume


"Lingam"







An den Ruinen konnten wir gut erkennen, wie Buddhastatuen in früheren Zeiten hergestellt wurden: Die grobe Form wurde gemauert, dann mit Zement ummantelt und modelliert. Die schönsten Skulpturen aber waren in den blanken Felsen - gemaserten Granit - gehauen, v.a. die liegende Buddhafigur, die dessen Tod und Übergang ins Nirwana symbolisiert, strahlte eine enorme Feinheit, Weichheit und Friedlichkeit aus.
Es war fast unerträglich heiß, als wir zurückradelten, am nahegelegenen Wasserreservoir vorbei, welches die klugen Könige bereits vor 900 Jahren angelegt hatten. Dort badeten Familien, wuschen sich und ihre Wäsche und legten diese wie einen bunten Flickenteppich auf den Steinen, die das Ufer säumten, zum Trocknen aus.
Auf dem Nachhauseweg gab es einen tropischen Regen, der mich an die Werbung für „Sumatra Rain“ erinnerte (ich glaube, es handelte sich um irgendein dämliches Duschbad).
Ken hatte inzwischen „Joes“ verlassen, dafür war eine Reisegruppe Franzosen aufgetaucht, von der wir kulinarisch profitieren konnten: Am Abend und zum Frühstück gab es lecker Buffet in euro-asiatischer Mischung.
Jeden Tag auf´s Neue freute ich mich diebisch über unseren Individualtrip, wenn wir, statt im klimatisierten Robinson-Club-Bus zu sitzen, aus dem Guesthouse auf die staubige und lärmende Straße traten, den Nachbarskindern zuwinkten und in Tuk-Tuks oder Ashok Leylands einsteigen. Der Schlag soll mich treffen, wenn ich jemals bei Robinson und Co. buchen sollte. All die Sehenswürdigkeiten, Strände und Weltkulturerbe sind ja nur die halbe Freude. Der Kontakt mit den Einheimischen, das Daruntermischen, ein wenig deren Leben kennenlernen, all das macht mindestens 50 Prozent einer solchen Reise aus.
24.3.
Die Straße Richtung Dambulla war im Bau und bei näherem Hinsehen mussten wir mit Entsetzen feststellen, dass es sich bei vielen der mit Spitzhacke und Schaufel bewaffneten Bauarbeitern um Frauen handelte. Ich tippte auf Bürgerkriegswitwen, von denen es in beiden Kriegsparteien viele gibt und die ihre schmale staatlich Witwenrente durch irgendeine noch so geartete Arbeit aufbessern müssen.








Im Höhlenkloster in Dambulla hatten Mönche bereits vor ca. 2.000 Jahren Höhlen in den Berg geschlagen, die im Laufe der Jahre mit bunten Deckenmalerei verschönert, mit vielfältigen Buddhastatuen ausgestattet und mit Kolonnaden verkleidet worden waren.
Im Kloster trafen wir wieder auf mehrere Schulklassen beim Wandertag, die mehr an Herkunft und Namen der beiden blassen Wesen als an buddhistischer Kunst und Malerei interessiert waren. Mit ihren Schuluniformen und ihren schwarzen Haaren und Augen zwischen schüchtern bis keck sind sie jedes Mal ein Erlebnis. Immer neugierig, aber wohlerzogen, nie aufdringlich und frech. Wir haben übrigens auch kein einziges Kind betteln sehen.
Das nahe liegende moderne Klostergebäude, welches Museum, Klosterschule etc. birgt, tauften wir aufgrund seiner architektonischen Besonderheiten in Form von Plastikblumen, Plastikmönchen und Plastikfelsen auf „Disneyland Paris“.
Auf dem Rückweg kamen wir zufällig an einem dieser herrlichen Märkte vorbei, wo neben Haushaltswaren und chinesischen Klamotten auch Obst, Gemüse, Fisch und v.a. Gewürze, aus denen die verschiedenen Currys nach unterschiedlicher Rezeptur gezaubert werden, gehandelt werden. Die Verkäufer saßen auf kleinen Inseln zwischen ihren Waren, vor sich eine Kupferwaage mit Gewichten.
Von uns nahmen sie so gut wie keine Notiz, wir konnten uns in aller Ruhe durch die engen Reihen treiben lassen und ungestört Fotos machen.
Als Wegzehrung noch schnell ein paar Stücken orientalischen Gebäcks gekauft, süße Sünden, die in unterschiedlicher Zusammensetzung aus Reismehl, Kokosnuss, Palmhonig, Cashewnüssen und weiteren exotischen Zutaten bestanden.








Am Abend kehrten wir ein im freundlichen Nachbarrestaurant. Die R & C-Portion bestand diesmal aus der obligatorischen, überdimensionierten Reisemenge, aus Hühnchencurry, dem ich ohne mit der Wimper zu zucken auf der nach oben offenen Spicy-Scala die Note 10 gegeben hätte, nicht minder scharfem, frittiertem Tofu mit getrockneten Sprotten, Dal (Linsen), Chutney, Bohnen und einem weiteren Gemüsecurry, dessen singhalesischen Namen ich vergessen habe, Tomaten-Gurken-Zwiebelsalat zum Neutralisieren dazu.
Ich war inzwischen süchtig nach diesen scharfen Speisen, die so gut in dieses heiße, sinnliche Land passten. Jede Pore unserer Haut und auch andere menschliche Nebenprodukte atmeten inzwischen Curry und Gewürze aus.
25.3.
Leider hatten wir keine Zeit mehr, nach Osten geschweige denn Norden in die tamilischen Gebiete zu fahren, die sich angeblich doch ziemlich von den von Singhalesen bewohnten Landstrichen unterscheiden sollen. Und wie immer nahm ich mir auch diesmal ganz fest vor, auf jeden Fall noch einmal zurückzukommen.
Es leben im Nord/Osten überwiegend Hindus, deren Lebensweise, Sitten und v.a. Religionsausübung wir gelegentlich bereits beobachten durften und die sich wesentlich von den singhalesischen Buddhisten unterschied. Die Hindus besitzen ein undurchschaubares Imperium von über 1.000 Göttern, in dem sich ganz unterschiedliche Glaubensvorstellungen tummeln. Der Ausdruck „Hinduismus“ fasst diese vielen unterschiedlichen Religionen, die seit Tausenden von Jahren in den Menschen verwurzelt sind, letztendlich nur unter einem Oberbegriff zusammen. Wie weit die Ursprünge tatsächlich zurückreichen, weiß man nicht. Die Kulthandlungen, die Anbetung ihrer Götzen, Dämonen und Fabelwesen haben etwas Archaisches, tief Esoterisches.
Singhalesen scheinen, von derlei Dingen wie dem Halalstreit abgesehen, welcher aber auch politische Hintergründe hatte, privat keine wirklichen Probleme mit ihren Minderheiten zu haben. Allerdings werden diese mindestens ein wenig belächelt mit ihren Religionen, die Regeln, Gesetze und Verbote aufstellen. V.a. die muslimischen Frauen stoßen mit ihren schwarzen Umhängen und Schleiern auf Kopfschütteln. Bei aller Toleranz sind die Singhalesen sehr stolz darauf, keiner dogmatischen Religion anzugehören, denn Buddhismus ist ja eigentliche keine Religion, sondern eher eine Philosophie, die für den Menschen Ratschläge bereithält, wie er ein rechtes Leben, jenseits von Ausschweifungen und Askese durch rechten Glauben, rechtes Entschließen, rechtes Wort, rechte Tat, rechtes Leben, rechtes Streben, rechtes Gedenken, rechtes Sichversenken führen kann, um dabei viel positives Karma zu sammeln.
Mir gefällt diese Herangehensweise; jedoch haben auch diese gutmenschlichen Ansichten die jeweiligen Regierungsverantwortlichen nicht davon abgehalten, mit den bekannten Folgen in Form von Terror und Bürgerkrieg ihre Minderheiten auszugrenzen und sie wie Menschen zweiter Klasse zu behandeln.









Heute sauste Speedy Gonzales im Tuk-Tuk auf Wunsch mit uns nach Ritigala, wir vor ca. 1.300 Jahren ungefähr 500 Mönche gelebt haben sollen.
Auf dem Weg dahin wurde mir klar, was die oft beschriebene Elefantenplage für die Bauern und ihre Familien tatsächlich bedeutet. Wir fuhren, nachdem wir von der Hauptstraße abgebogen waren, auf einer roten Sandpiste durch Dschungeldörfer, in denen sich Häuser und Anwesen an der Straße aufreihten, dahinter Gemüse- und Resifelder und dahinter der Dschungel, aus dem, wie bei uns Rehe und Wildschweine nachts Elefanten heraustreten und – permanent auf Nahrungssuche – Felder, Reis, Bananen und z.T. auch Häuser vernichten. Jährlich sterben ca. 100 Personen durch Elefantenattacken. Die Bauern behelfen sich, indem sie sich auf ihren Feldern Baumhäuser bauen, wo sie, wenn nötig, Zuflucht finden.
Ritigala war ein mystischer Ort mit Spuren der alten Baumwerke wie Meditationshallen, Hospital, Wege, Treppen, Aussichtspunkt, einen von Treppen umgebenen Wewa, der mitten im Dschungel liegt und von diesem, soweit von Menschenhand zugelassen, zurückgeholt wird.
Weil wir unseren persönlichen Driver, der sich durch vornehme Zurückhaltung auszeichnete, dabei hatten, blieb uns der Guide erspart und wir konnten das Areal in Ruhe erkunden und die Beschaulichkeit genießen.
Da der Tag noch jung und wir noch unternehmungslustig waren, fragten wir unseren Begleiter, ob er nicht jemanden wüsste, der uns per Katamaran über den Wewa rudert. Und da in Sri Lanka anscheinend immer jemand irgendjemanden kennt, war die Bootstour in wenigen Minuten gebucht.
Das touristische Katamaran-Erlebnis begann damit, dass die Protagonisten auf einen Karren verladen wurden, der von zwei Wasserbüffeln gezogen wurde. Diese zogen uns vorbei an Reisfeldern und Obstplantagen zum Katamaran, der uns auf die andere Flussseite brachte. Auf der dortigen Farm war bereits ein Essen für uns vorbereitet – Reis und Curry in typischen Tontöpfen. Wir aßen mit der Hand aus Schüsseln, die mit einem Lotosblatt ausgekleidet waren und amüsierten uns über den „Betelmann“, der vom vielen Kauen eine rote Zunge und gegen die Elefanten ein russisches Schießgewehr trug.








26.3.
Speedy, heute noch ein wenig belämmert von der Party am Vortag, brachte uns dennoch sicher zum Bahnhof, von wo uns der Zug nach Ragama und von dort nach Negombo, unserer letzten Station bringen sollte.
Auf dem Bahnhof hatten wir ausreichend Zeit, einen alten Asketen zu beobachten, der neben der Bahnschiene an der Straße unter freiem Himmel hauste und vermutlich eines der vielen kleinen Heiligtümer am Straßenrand bewachte. Er war abgemagert bis auf die Knochen, kam ab und zu vorbei, um Feuerholz aus dem Wald zu holen, um sich in einer Schüssel eine armselige Mahlzeit zu kochen.
Dass die Zugfahrt ein vielstündiges Unterfangen werden würde, welches uns letztendlich nicht vor 18.00 am Zielpunkt ankommen ließ, hatte ich irgendwie übersehen. Die Fahrt nahm und nahm kein Ende. Die Einheimischen kauften von den fliegenden Händlern unterwegs R & C-Lunchpakete, gebratene Garnelen, Maiskolben und Knabberzeug. Da ich sowieso keinen großen Hunger verspürte und die Aussicht, plötzlich die Zugtoilette benutzen zu müssen, den Appetit auch nicht gerade anregte, sahen wir selbst vom Nahrungskauf ab.
Wenigstens war der Zug klimatisiert, denn die Fenster und Türen lassen sich nicht nur öffnen, sondern meistens gar nicht erst schließen und auch die Deckenventilation hat rabotaet.
Unterwegs hatte ich also genügend Zeit, über weitere Eigenheiten der Sri Lanker nachzudenken, so z.B. über die Tatsache, dass sie mit dem Kopf nicken, wenn sie ein klares „Nein“ ausdrücken, was uns anfänglich bei der Kommunikation ein wenig verwirrt hat. Bei Zustimmung aber schütteln sie heftig den Kopf, indem sie ihn in kreisenden Bewegungen umherrollen und machen dazu ein glückliches Gesicht. Oft und gern werden Hände geschüttelt, mit einem Händedruck, aufgrund dessen wir in Deutschland sofort den Schlaffi identifiziert hätten und der so gar nicht zum Bild des heißblütigen Südländers passte.







Endlich in Negombo nach einem dürren Wassertag angekommen, stürzten wir ins nächste Lizenzlokal, um nun das schwer verdiente Lion Lager zu bestellen, nur um freundlich aber bestimmt darauf hingewiesen zu werden, dass heute „Poya“ (Vollmondtag) war und damit Feiertag und an diesen im ganzen Land kein Alkohol ausgeschenkt wird. Nicht einmal ein winziges Lion Lager.
Wie anders war doch Negombo im Gegensatz zu unserem Urwalddorf. Waren wir dort mit 10 Hotelangestellten, 2 Taxi- und Safaridrivern, den auch am letzten Tag noch aus den Häusern laufenden, winkenden und rufenden Nachbarskindern und vielleicht noch Ken beinahe allein gewesen, war ich hier nur eines unter vielen blassen Wesen und musste demzufolge die Aufmerksamkeit der Inselbewohner teilen. Hier würde sich kein Village-People jeden Morgen persönlich nach meinem Schlaf und meinem Wohlbefinden erkundigen, mir sri-lankisches Frühstück anbieten, nach meinen heutigen Plänen fragen und mich nach dem Dinner mit einem „sweet dreams“ und leuchtenden Augen zu Bett entlassen.








Negombo hatte dafür andere Qualitäten; es war ein klassischer Urlaubsort mit Bars, Restaurants, Jumbo Prawns, Lobster & Co, Souvenirläden, buntem Treiben, Strand – eigentlich mit all den Dingen, die wir uns für unsere letzten Tage vorgestellt hatten.
Und neben all den Touristen gab es immerhin noch genügend Einheimische, deren Sprösslinge uns auf dem Nachbargelände mit einer Art Techno-Party begrüßten und feierten, bis die Polizei kam und dem Treiben ein ausreichend frühes Ende bereitete.














27.3.
Wenn wir geglaubt hatten, dass Negombo nur aus Touristen und Strandbars bestand, so hatten wir uns glücklicherweise getäuscht. Keine 5 Gehminuten von der Hotelanlage Richtung City kamen wir auf unserer Strandwanderung am Viertel der Fischer (vermutlich Christen, denn der Buddhist jagt und schlachtet ja keine Tiere, wie uns Premaka versichert hatte) vorbei, was archaischer nicht hätte aussehen können.
Die Fischer fuhren morgens auf See, um am Vormittag ihren Fang zur Auktionshalle und zum Markt zu bringen.














Andere hatte Netze ausgelegt, woran jeweils 5 Männer an einem Ende zogen, um sie einzuholen. Die Netze bewegten sich Zentimeter und Zentimeter in Richtung Strand. In runden Körben wurde der Fang dann gewaschen, ca. 2 Tage in einem Fass gesalzen gelagert, danach wieder im Meer abgespült und auf riesigen Fischfeldern zum Trocknen ausgelegt.
Der Fischmarkt mit Auktionshalle allein hätte Bildbände füllen können.
An der Negombo-Lagune mit ihren bunten Kähnen entlang, die ein bisschen an Venedig erinnerte, kamen wir zu einer der Hauptkirchen der Stadt, die mit ihren hohen, hellen Wänden und weit geöffneten Türen Leichtigkeit und Luftigkeit vermittelte. So hätten wir uns Kirchen in Südamerika vorgestellt.






Am Abend am Strand gesellten sich eine Gruppe junger Männer und Frauen zu uns, die mir vorher schon bei Volleyballspielen aufgefallen waren. Zwei Mädchen sprachen mich an, fragten die üblichen Dinge. Sie erzählten, dass sie Tamilinnen waren, die in Negombo an einer Hindu-Schule unterrichteten. So modern, wie sie daherkamen, hätte ich darauf am wenigsten getippt. Bei der Frage nach meiner Religion traute ich mir erstmals zu gestehen, dass ich keiner angehöre. Das fanden die beiden irgendwie schick, denn dann würde ich ja an mich selbst glauben und das wäre völlig in Ordnung.
28.3.
Das viele Sonnen- und Wellenbaden hatte meinen Mann geschwächt, sodass er beschloss, heute im Bett zu bleiben. Ich selbst war unternehmungslustig und machte mich auf zu einem Strandspaziergang Richtung nördliche Lagune, auf dem Rückweg wollte ich Erkundigungen über den Kauf von Arrack für die Daheimgebliebenen einholen.
Dass alleinreisende Frauen in Sri Lankas Strandregionen vielleicht nicht ganz so viel Fun haben wie ReisendInnen mit einem starken, männlichen Begleiter davon durfte ich mich an diesem Morgen überzeugen. Während die Fischer, an denen ich vorbeikam, im Allgemeinen eigentlich kein Interesse an mir hatten und mehr als „Hello“ und „How are You“ nicht stattfand, lösten sich aus deren Mitte immer wieder einzelne Exemplare Marke „Nuri“, um mich ein Stück des Weges zu begleiten. Ich habe nicht gezählt, wie oft ich gefragt wurde, ob ich allein wäre, verheiratet sei und wo mein Ehemann ist. Am Tag vor meinem 45. Geburtstag riefen mir „Männer“ im Alter zwischen 12 und 25 Jahren eindeutige Angebote hinterher, was mir denn nun doch ein wenig zuviel der Aufmerksamkeit war. Dies hatte nichts mehr von neugierigem Interesse an meiner Person, das war Belästigung pur, wie ich es noch nicht mal in Nordafrika erlebt hatte, denn dort ging man mit reiferen Frauen im Normalfall respektvoll um.
Um den Nervenkitzel noch ein wenig zu erhöhen, zog mir beim Umqueren einer kleinen Mole eine Welle die Beine weg, sodass ich samt Handy, Fotoapparat und Passport in den indischen Ozean fiel und plötzlich mit nasser, am Körper klebender Kleidung mitten im Fischerdorf stand. Auf dem Molensteinhaufen versuchte ich einerseits so gut wie möglich meine Kleid (das ich natürlich anbehielt) sowie meine restlichen Sachen zu trocken und andererseits das Anhängsel, was sich an meinen nassen Rocksaum geheftet hatte, loszuwerden, bevor ich schleunigst den Heimweg über den Winestore antrat.








Auf die Idee, dass eine Frau allein am Strand etwas anderes suchen könnte als Sex kommt der Sri Lanker im jugendlichen Alter anscheinend nicht und fehlinterpretiert eine derartige Verhaltensweise als Aufforderung. Später habe ich gelesen, dass Sri Lanka das Thailand für Frauen ist und demzufolge sind die Europäerinnen an ihrem Ruf wohl nicht ganz unschuldig. Mit mir bekannten Denkmustern war das hier jedenfalls nicht zu vergleichen; trotzdem musste ich es wohl so hinnehmen und mich vor allem entsprechend verhalten.
29.3.
Meinen Geburtstag wollten wir im Hindutempel von Chilaw, ca. 40 km nördlich von Negombo feierlich begehen. Der Zug, der von gutem Willen und Spucke zusammengehalten wurde, schleppte sich in 2 Stunden mühsam dahin. Wenigstens Zeit, noch einmal Atmosphäre zu schnuppern und sich an der Landschaft zu erfreuen. Das Tuk-Tuk brachte uns zu einem der fünf wichtigsten Shiva-Heiligtümer der Insel; schon von Weitem sahen wir die Turmaufbauten mit den schrecklich-schönen, naiv-grellbunt bemalten Göttern und Dämonen, die für einen Hindutempel so typisch sind. Der Tempel hatte die Form eines Klosters mit Kreuzgang, dessen Wände von furchteinflößenden Darstellungen von Shiva, Vishnu, Parvati, Ganesha und weiß der Teufel noch mit welchen Gottheiten geziert wurden. Dazwischen Altäre, wo man grausige Dämonen, Affengötter, Hähne, Kobras und Götzendarstellungen aus dem Naturglauben einer längst vergangenen Zeit anbetete. Auf dem Fußboden saß ein Priester (erkennbar an der um den Oberkörper gelegten Schnur) inmitten von Schüsseln voller Blumen und unterschiedlichen Kultgegenständen und schlug permanent eine Glocke. Ein Novize trug brennende Kerzenleuchter zu den Altären, an denen die Gläubigen ein Feuerreinigungsritual vornahmen.
Eine Nische barg das größte Heiligtum: Einen angeblich über 4.000 Jahre alten Lingam, vor dem sich eine junge Frau niedergelassen hatte und inbrünstig betete.
Im Zentrum des Tempels konnten die Gläubigen sich segnen lassen, den Ablass dafür bezahlte man am „Ticket-Counter“. Eine Familie nach der anderen brachte Schüsseln voller Obst, das man an den Ständen rund um den Tempel kaufen konnte und übergab die dem Priester, der damit ins Innere, nicht einsehbare Heiligtum verschwand. Im Tempeltor stand eine heilige Kuh mit glitzerndem Halsband. 











Die ganze Szenerie wurde begleitet von einer einlullenden „Shanti-Om“-Musik, die in Endlosschleife aus dem Lautsprecher schallte.
Wir hatten ausreichend inhaliert und verzogen uns an den nahegelegenen Strand, der von ein paar tamilischen Familien mit den obligatorischen Badegepflogenheiten bevölkert wurde.
Da uns der Zug zu langsam war, nahmen wir den Expressbus, der uns zu unserem Leidwesen jedoch auch nur mit 30 km/h zurückzuckelte.
Es war Karfreitag und in diesem von vielen Christen bewohnten Landstrich fanden in den Kirchen Passionsspiele statt. Familien, feierlich in schwarz und weiß gekleidet (die tamilischen Christinnen trugen weiße, bestickte Saris, die einen wunderbaren Kontrast zu ihrer braunen Haut bildeten) zogen in Scharen zu den Festspielorten. Einer Vorstellung sahen wir kurz zu, dort wurde in bunten Farben gerade ausgemahlt, wie Herodes vom Teufel geholt wurde.
Von so viel unterschiedlicher Heiligkeit müde geworden, baten wir im Hotel um ein Bier, was uns in einer Kaffeetasse serviert wurde. Nachdem wir uns ausreichend darüber amüsiert hatten, realisierten wir, dass wieder einmal Feiertag war und damit öffentlicher Alkoholkonsum tabu. Die gastfreundlichen Hotelangestellten setzten sich ihrer europäischen Gäste zuliebe darüber hinweg, indem sie das Bier heimlich in Tassen ausschenkten.
Gegen 16.00 begann das allabendliche Schauspiel, das da hieß „Negombo geht baden“.
Zuerst kamen die Halbwüchsigen, viele Jungs (kaum Mädchen), die sich in knielangen Shorts und mit viel Geschrei in die Wellen warfen. Dann folgten die Frauen mit ihren Töchtern, meist farbenfroh gekleidete Tamilinnen. Die Töchter trugen Leggins und kurzärmelige, oberschenkellange T-Shirts und überließen sich den Fluten nie, ohne derart ausgestattet zu sein. Die Mütter im bunten Glitzersari liefen am Strand umher, sahen dem Treiben von Weitem zu oder ließen sich das Wasser um Füße und Rocksäume spülen. Als letztes kamen die Muslime; Einheimische oder auch Touristen aus den nicht weit entfernten arabischen Staaten. Die Frauen, klassisch vom Augenschlitz abgesehen von Kopf bis Fuß in schwarz gehüllt, saßen wie Wasserbüffel im Sand. Die Männer in kurzen Hosen und Schlabber-T-Shirts wachten über die Familie und tauchten ihre Kleinkinder in die Fluten. Dazwischen saßen ein paar Touristen so wie ich und freuten sich über das Treiben.
Das Geburtstagsmahl – Hummer für Micha, Jumbo Prawns für mich – zum Nachtisch Wattalapam, Arrack und Cocktail gab´s im Serendib, welches unser Stammlokal geworden und wie alle anderen Lokalitäten nach Sonnenuntergang vom Alkoholverbot entbunden war.
30.3.
Unseren Abreisetag verbrachten wir am Strand und auf der Hotelliege, bemüht, das schönen Wetter bis zur letzten Sekunde auszukosten, denn es war ungewiss, wann wir die Sonne das nächste Mal sehen würden.
Und tatsächlich zeigte sich das Montagsmodell „Deutschland“ aus der göttlichen Werkstatt bei unserer Ankunft in schmutzig-weißer Pracht - wie gerne hätten wir jetzt die Begegnung mit dem Berliner Winter gegen die Begegnung mit einem noch so aufdringlichen Beachboy eingetauscht.
Wir werden die freundlichen Menschen schrecklich vermissen, nach dunklen Augen und bunten Saris im Stadtbild Ausschau halten und uns mittags beim Inder ein Reis & Curry-Gericht holen, während wir versuchen, das Lebensgefühl festzuhalten, bevor wir notgedrungen in den Alltag zurückkehren müssen.